Schleifkotten an der Wupper - Königskotten

Lageplan Königskotten 1757, aus Franz Hendrichs
 

Franz Hendrichs - 1922

1922 veröffentlichte er seine Erkenntnisse zu den Solinger Schleifkotten an der Wupper.

»Beide Kotten, der Kirschberger- und der Königskotten sind schon in dem Plan von 1715 (gemeint ist die Karte von Ploennies) aufgeführt, ersterer als Doppel-, letzterer als einfacher Kotten. Von dem Königskotten ist noch eine sorgfältig gezeichnete Karte aus dem Jahre 1757 im Besitz des jetzigen Eigentümers der Papiermühle, Otto Jagenberg, die wertvolle Aufschlüsse sowohl über den alten Königskotten, wie über die Anlagen der Papiermühle überhaupt gibt. Abb 37 zeigt das wesentliche dieses Planes, worin durch eine Andeutung nicht unterlassen ist, auf den Fischreichtum der Wupper hinzuweisen. Die dem Plane beigegebene Erklärung lautet wie folgt:

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Ausschnitt aus dem Lageplan von 1757
 

"A-B-C präsentiret den Wupperfluß, durch welchen bey D-E-F die horinzontal ligende deichmauer oder genandte Schlacht, welche mit Eichenbretter, oder Bollen überlegt, welche Bollen von D-E von älterer und von E-F von neuerer arbeit scheinen zu sein, letztgemeldete disrantia von E-F sich aber accurat zwey Zoll höher als die älteren distantia von D-E sich befindet. G-H das gewaltschütt durch welche das wasser in J-K den Obergraben eingelassen wird, in welchem Obergraben bey L ein gewölbter Canal circa 1 1/2 - 2 fuß weit sich befindet. So dann M-N-O bezeichnet das Kottenschütt in welchem drey Schütter befindlich, als durch welches Schütt O das Wasser auf das Schleifkottenradt geführt wird, neben diesem letztgemeldeten Schütt O befinden sich nebeneinander die beiden Schütter M und N, so jedes 2 1/2 fuß weit welche nötigenfals zur ausleerung und verminderung des aufgequelleten wassers gebraucht werden können. P der Schleifkotten mit seinem wasserradt und angebaueten Stübgen (Stube). R der untergraben oder abfluß des wassers, welches bey R wiederum in die Wupper einfallet. S-T-U der Weg zum Kotten.

Auf requisition Johann Casparn Clauberg habe obigen Abriß nach der Situation entworfen und wie befunden spezifiziret zur Zeit als das Wassser klein dahe mann nach aufziehung der dreyen Schütter M-N-O über die Schlacht D-E-F truckenen Fußes gehen und genau observiren können. So geschehen unterhalb der Papiermühle, den 1. August 1757.
Peter Grah, Geomether
."

Albert Weyersberg schreibt 1932: »Geometer Peter Grah (schon 1747 genannt) zeichnete 1757 einen "Abriß über der Wittiben Soeters Werkstätte an der Papiermühlen samt unterwerts derselben gelegenen Johann Caspar Claubers Schleiffkotten nach Situation entworfen". (37X140 cm.) - Z.b. B.G.V. 1914 S.149« in Feldmesser Joh. Peter Stamm und seine Arbeiten, Die Heimat, 8.1.1932, Jg.8, Nr.1, S.3.

Im Anhang sind unter 9 und 10 zwei Schriftstücke wiedergegeben, die aus den Jahren 1618 und 1624 herrühren und von denen das erste die Regelung der Wupperstauverhältnisse zwischen der Königsmühle und der Papiermühle betrifft und das andere die Genehmigungsurkunde zur Errichtung des in dem Plane bei der Papiermühle mit 16 und 17 aufgezeichneten Reckhammes darstellt.

Das "Sohlinger Rhentmeisterey Heebbuch von Jülich-Berg, Ambt Sohlingen" gibt eine Reihe weiterer wertvoller Anhaltspunkte. 1683/84 heißt es dort: "Hendrich und Teiß Witte (28.) zahlen wegen Peter Konigskotten zwei Goldgulden und Herman Sother auff der Papiermühlen gibt von seinem Stahlhammer und Ohlfang (7.) an Wassererkändnus und Kottenpfacht 2 Goldgulden". 1750/51 wiederholen sich die Eintragungen, nur daß in beiden Fällen statt der zwei Goldgulden je zwei Reichsthaler 64 albus gezahlt wurden.

Werfen wir einen Blick in das Jahr 1750 …
1750 - Solinger Tageblatt, 17.10.1940, Rentmeister Kannegießer:
· Clemens Butz am Katternberg und Theis Witte für den Königskotten 2 Taler 64 Albus.
· Wilhelm modo Clemens Souther zahlt für seinen Stahlhammer und den Aalfang in der Wupper 2 Reichstaler und 64 Albus. Für den Schrodtberger Bach muß er außerdem noch 1 Taler und 32 Albus zahlen.

Hendrichs verschweigt den nächsten Eintrag:
· Jakob und Joh. Clauberg zu Windhöfel zahlen 2 Taler und 8 Albus;

Ausschnitt Plan von Ploennies, 1715

In der Kellnereirechnung 1763/64 wird einem Iwan Gaspar Clauberg, einem Nachkommen des bereits erwähnten Clemens Clauberg, die Erlaubnis erteilt *), den inzwischen verfallenen Schleifkotten wieder aufzubauen. 1773 unterzeichnete der damalige Eigentümer der Papiermühle, Johann Gottfried Soeter, wegen Dammstreitigkeiten einen Vergleich mit fünf Schleifermeistern, der nach längeren Verhandlungen mit Hülfe der Bruderschaften der Schleifer zustande gekommen war.

Die letzte Eintragung in einer Kellnereirechnung stammt aus dem Jahre 1806, bei der für den "Königskotten Peter Butz aus Katterenberg und Theiß Witte wegen des Hammers und des Ohlfang" und die Gebrüder Soetter mit der gleichen Summe wie bisher, zwei Reichsthaler 64 albus aufgeführt werden. Aus dem 18. Jahrhundert bleibt endlich zu berichten, daß ein Abraham Schaaf, dem der Königskotten damals zur Hälfte gehörte, das "Buntschleifen" erfunden haben soll. Aus diesem Anlaß soll der Kurfürst Maximilian Franz von Cöln um das Jahr 1790 gelegentlich eines Besuches, um die bergische Industrie kennen zu lernen, den Schleifermeister Schaaf im Königskotten aufgesucht und so großen Anteil an seiner kunstreichen Arbeit genommen haben, daß er den Kunstschleifer mehrmals zu sich nach Bonn rufen ließ.

Unter Buntschleifen, das in der heutigen Zeit einer hochentwickelten Gesenkschmiederei weniger angewandt zu werden pflegt, versteht man das Einschleifen von Bildern wie Sternen, Blumen, Tieren u. dgl.

In späteren Jahren gehörte der Königskotten den Erben Theegarten zum Meigen. Neben Tafelmessern wurden auch hier Beitel und andere Werkzeuge geschliffen. Der Kotten war klein und konnte nur Wenigen Arbeit geben. Da nicht viel angelegt wurde, verfiel der Kotten in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.«

Soweit Hendrichs …

In der Urkunde vom 6.9.1618 geht es um eine angebliche, eigenmächtige Erhöhung des Wehres mit Brettern durch den Besitzer Tilman Klauberg, Kläger ist Clemens Soeter.

Diverse Dinge verstehe ich nicht:
*)Stadtarchiv Düsseldorf, Anhang 11
Das Original kenne ich derzeit noch nicht, aber im Anhang 11 von Hendrichs schreibt er selber von einem Joan Caspar Clauberg, der die Erlaubnis erhält, den verfallenen Schleifkotten seiner Vorfahren auf der Wupper wieder aufzubauen. So geschehen, Düsseldorf, dem 2ten July 1763. Hmmm, Iwan Gaspar == Joan Caspar? Und Iwan soll ein Nachkommen des bereits erwähnten Clemens Clauberg gewesen sein? Wo wurde Clemens Clauberg erwähnt? Ein Johann Casparn Clauberg forderte eine Feststellung der Situation im Jahre 1757 an. Warum? Wollte er etwas an dem Kotten ändern und die Mühlen der Genehmigungsstellen brauchten satte 6 Jahre? Würde mich nicht mehr wundern.

In einer bisher unveröffentlichen Arbeit des Solinger Heimatforschers Hans Grah fand ich folgende Abschrift eines Obligationsprotokolls (Staatsarchiv Düsseldorf):

1764, 29.11. Obl. Prot. 331
Johann Caspar Clauberg
   deb. Bürgermeister und Kaufhändler Abr. Berg
400 Rthlr.
an der Papiermühle gelegenes Erbguth wie auch sein auf der Wupper gelegenener sogenannter Königs Schleifkotten, teils von den Eltern Jacoby Clauberg teils von Schwager Johann Sibel oo Anna Marg. Clauberg gekauft.
   30.10.1762 exp. Fol. 377

Demnach hat sich Johann Caspar Clauberg vom Bürgermeister und Kaufhändler Berg 400 Rthlr geliehen und gab als Sicherheit u.a. seinen sogenannten Königs Schleifkotten. Benötigte er das Geld für den Wiederaufbau des verfallenen Schleifkottens seiner Vorfahren?

Warum werden 1683/84 und 1750/51 angeblich gleiche Namen genannt (fast 70 Jahre liegen zwischen diesen beiden Daten, mehrere Generationen)? Witte. "Für den Königskotten" == vor dem Königskotten? Aus eins mach zwei? Einzelkotten ->Doppelkotten, oder handelt es sich hier um zwei grundverschiedene Kotten? Ich tendiere zur letzteren Version, auch die angegebene Ortsangabe Katternberg, läßt einen anderen Kotten vermuten.

Namen umgeben diesen Kotten! Klauberg - Witte - Klauberg, und woher stammt der Name Königskotten? Wer war Peter König?

Und letztendlich dürfen wir nicht vergessen, dass dieser Kotten angeblich dem ersten Solinger Elektrizitätswerk diente. Ist der Kotten verfallen oder wurde er verfallen?

Ohlfang == Aalfang

Porträt Erzherzog Maximilian Franz

Erzherzog Maximilian Franz, 8.12.1756 - 26.7.1801

1784 begann seine Regierung im Erzbistum Köln und im Fürstbistum Münster

Bekanntmachung im Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 22ten Februar 1843: (Ob es sich um den Königskotten an der Wupper handelt, weiß ich derzeit nicht.)

Bekanntmachung.

In der Nacht vom 12. zum 13. d. Monats sind aus dem Königskotten, in der Bürgermeisterei Solingen, folgende Gegenstände, nämlich:
1) Eine eiserne Achse, 13 Pfund schwer, mit dem Zeichen: D.L und der Jahreszahl 1834 versehen; 2) eine eiserne Achse, 12 Pfund schwer, an einem Nocken mit einer Schraube versehen, übrigends ohne Zeichen; 3) drei eiserne Achsen von 10, 12 und 13 Pfund schwer, und dem Zeichen E.M.E. versehen, gestohlen worden.
 Indem ich diesen Diebstahl zur öffentlichen Kunde bringe, ersuche ich Jedermann, der über den Verbleib der gestohlenen Achsen oder die Diebe Auskunft geben kann, mir oder der nächsten Polizeibehörde sofort davon Anzeige zu machen.
Elberfeld, dem 16. Februar 1843.
Der Ober-Prokurator.
(gez.) Wingender.

Skizze
Um 1830 · 1826 wohnen:: Friedrich Schaaf, I.Feld 7 + Daniel Schaaf, III.Feld 35 + Daniel Theegarten, Eick 109 + Abraham Clauberg, Windfeln 84 - alles Schleifer

Einen kleinen Einblick in die Eigentumsverhältnisse erlaubt uns eine Anzeige, die am 4. März 1843 im Solinger Kreis-Intelligenzblatt erschien:

»In der gerichtlichen Theilungssache der Wittwe und Erben des zum III. Felde verlebten Schleifers Peter Daniel Schaaf soll
am Montag, den 8. Mai 1843, Nachmittags 3 Uhr, beim Wirthen Herrn Gottfried König zu Solingen auf dem Kämpchen,
das denselben zugehörige, nach der Wasserseite und der Grunenburg hin gelegene Viertel von dem in der Gemeinde Dorp an der Wupper Nro. 711 gelegene Königs Schleifkotten nebst Wiese und allem An= und Zubehör "taxirt zu 806 Thalern" öffentlich verkauft und dem Letztbietenden sofort zugeschlagen werden.
Eustodis, Notar.«

Für uns eine ungewohnte Wortwahl: Der Schleifer verstarb nicht, er verlebte. Seine Wirkungsstätte dürfte, wenn man sich folgende Aufstellung ansieht, an die Familie Everts/Evertz verkauft worden sein.

Herbert Weber veröffentlichte im Juni 1970 in Die Heimat, Beilage zum Solinger Tageblatt, Jg.36, Nummer 36, S.21 unter der Überschrift "42 Wassertriebwerke in der Bürgermeisterei Dorp" ein "Verzeichnis aller in der Bürgermeisterei Dorp, Kreis Solingen, vorhandenen Wasser-Mühlen, Schleifkotten oder derartiger Triebwerke, welche durch Wasser bewegt werden." Aufgestellt und unterzeichnet soll das Verzeichnis der Bürgermeister Stosberg am 25. August 1853 haben. Es befand sich in Privatbesitz und soll daher bis 1970 unbekannt gewesen sein. Wie kommt eine Privatperson an ein amtliches Dokument?

Zum Königskotten lautet der Eintrag:
»Besitzer Nath. Everts, Abr. Theegarten, Carl Clauberg, Reinh. Clauberg, Carl Everts, Eman. Everts; eine Schlacht lag 2,47 Fuß über dem Fachbaum; eine Konzession vom 24. September 1851 bezog sich auf die Vertiefung des Untergrabens und Anlegung eines größeren Wasserrades; ein Pegel war vorhanden.«

In einem Nivellement aus dem Sommer 1889 (Stadt Archiv SG, VII H 208) steht: Königskotten, Schleiferei der Gebrüder Theegarten, 1 unterschlächtiges Wasserrad, Durchmesser 3,80 m, Schaufeln 1,63 m lang, 0,40 m hoch, Umdrehungen 20 pro Minute, Arbeitszeit 12 Stunden.
(105,13 103,94 103,32 104,25 105,69)

Als Unwissender erscheint mir bisher die Linie Clauberg - Schaaf - Theegarten als nachvollziehbar. Witte und Konsorten müssen nach meinem Empfinden einem anderen Kotten, der ebenfalls mit dem Namen König verbunden war, zugeordnet werden. Ich erinnere da an das Hebebuch aus dem Jahre 1605.

Vergessen hätte ich fast den Beitrag aus unserem lokalen Intelligenzblättchen des Jahres 1998:

»Der schon 1618 im Besitz von Jagenberg befindliche Einzelkotten in der Nähe der Papiermühle verfiel ebenfalls in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Letzte Zeugen sind am Ossianweg aufgestellte Schleifsteine. Diese wurden beim Bau des Weges aus der Wupper geborgen. Der Kotten ist auch Schauplatz von Walther Schulte vom Brühls Novelle "Die Kottenprinzeß

Zeichnung von Walther Schulte vom Brühl Wie der Autor vom Solinger Tageblatt zu diesen Fakten kommt, entzieht sich bisher meiner Erkenntnis, passt aber zu der Berichterstattung aus dem Jahre 2002. Kurz vor Redaktionsschluß zählen nur noch Zahlen (Anzahl der Zeilen). Die Papiermühle wurde erst 1826 an den wohlhabenden Solinger Kaufmann Johann Ferdinand Jagenberg verkauft. 1618 gehörte das Areal der Papiermühle der Familie Soter. Walther Schulte vom Brühl hat tatsächlich eine bergische Geschichte mit dem Titel „Die Kottenprinzeß“ veröffentlicht. Ich habe eine Ausgabe aus dem Jahre 1917, und nach dem Lesen dieser Gechichte vermute ich im Königskotten dieser Geschichte eher einen Kotten am Weinsberger Bach. Möglicherweise bin ich ebenso blind wie der ST-Autor, dieser hat nach einem Königskotten gesucht, ich nach der Familie Küllenberg. Betrachtet man die einleitende Zeichnung von Walther Schulte vom Brühl, so erkennt man einen Kotten mit einem Stauteich und oberschlächtigem Wasserrad. Diese Art von Bauwerken hat es nur an den Bächen gegeben, nicht an der Wupper. Möglicherweise ein kleiner Hinweis, kann, muß aber nicht sein.

 Foto: Schaafenkotten an der Itter
Schaafenkotten im Ittertal
Ortskundige Personen, die über ein ausgeprägtes Maß an Beobachtungs- und Kombinationsvermögen verfügen, könnten beim Anblick der Brühlschen Illustration den Schaafenkotten an der Itter ins Spiel bringen.

 

©2002–2008 Michael Tettinger, Sa. 07.09.2002, letzte Änderung: Mo. 28.01.2008
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