Schleifkotten an der Wupper - Begriffe und Erklärungen
Wer hier jetzt die ultimative Erklärung zu der Geschichte der
Solinger Schleifkotten an den heimischen Gewässern und deren Bedeutung für die hiesige
Stahlwarenindustrie erwartet, den muss ich leider vertrösten.
Seit ein paar Monaten beschäftige ich mich zwar mit dem Thema, aber
für eine umfassende Darstellung reicht mein derzeitiges Wissen nicht aus.
Die bisher publizierte Literatur zu diesem Thema ist sehr dürftig und steckt
voller Fehler. Leider werden diese Fehler durch ständige Wiederholungen
fast zu Tatsachen erhoben.
Ein Beispiel aus neuerster Zeit ist die Serie
im Solinger Tageblatt. Als Grundlage dient dem Redakteur das schriftliche
Werk von Herrn Lunkenheimer,
dessen Hintergründe und Entstehungsgeschichte an keiner Stelle erwähnt wird.
Dem Leser wird es in einem neuen Remix unkommentiert und aus dem
Zusammenhang gerissen vorgesetzt.
Immer wieder fallen Begriffe, die dem Normalsterblichen nicht bekannt sind. Im
Moment ist diese Seite noch im Aufbau bzw. für mich eine
Gedächtnisstütze, was noch genauer zu erklären ist. Diese Seite soll
nicht nur für die Kotten an der Wupper
gelten, sondern auch für
alle anderen Kotten im Solinger Einzugsgebiet (an den Solinger Bächen).
Diese kleine Skizze ist nur ein Entwurf für die Kotten an der Wupper.
Später folgt hoffentlich: Ich baue mir einen Kotten .... und in einer
nächsten Stufe: Der Wupperlauf ist überfüllt, wie nutze ich die Solinger
Bachläufe. Geschichtlich ist das verkehrt. Die Schleifkotten an den
Bächen dürften eher entstanden sein.
Die Bäche liefern nicht kontinuierlich ausreichend Energie, ein
(Stau-)Teich muß her. Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Der
Obergraben wird etwas umfangreicher ausgeführt. Und noch etwas kommt
hinzu: Das Gefälle der Bäche ist in der Regel steiler. Da basteln wir
noch etwas an der Wasserzuführung zum Rade, gestalten es etwas um,
und dann klappt das auch mit diesen etwas widrigen Umständen. Wie ich
schon sagte, später mehr.
Wasserräder sind die Vorläufer unserer heutigen Turbinen. Die älteste
Form des Wasserrades ist das Stoßrad, das mit seinen Schaufeln
horizontal in den Fluß eintaucht. Genutzt wird hier ausschließlich die
Bewegungsenergie des Wassers. Daraus abgeleitet ist das
unterschlächtige Wasserrad, bei dem zwischen Ein- und Austritt des
Wassers eine leichte Höhendifferenz besteht und so neben der
Bewegungsenergie auch die Höhen- bzw. Lageenergie des Wassers von der
Bergseite her genutzt wird. Beim oberschlächtigen Wasserrad,
welches im Mittelalter entwickelt wurde, sieht es etwas anders aus.
Das Wasser fließt hier von oben auf muldenförmige Schaufeln, so dass
das Rad hauptsächlich durch das Gewicht des Wassers angetrieben wird.
Eine Mischform beider Räder mit überwiegender Nutzung der Lageenergie stellt
das mittelschlächtige Wasserrad dar.
Wird allein die Bewegungsenergie des Wassers genutzt, wie beim Stoßrad,
so spricht man auch vom Aktionsprinzip. Das Gegenstück dazu,
nämlich die alleinige Nutzung der Lageenergie, heißt Reaktionsprinzip,
welches auch beim Rasensprengen genutzt wird. In diesem
Zusammenhang sei auch erwähnt, dass 1730 D. Bernouilli die Kraftwirkung
eines aus einer Leitung strömenden Wasserstrahles
berechnete und 1754 L. Euler die grundlegenden mathematischen
Gleichungen der Turbinentheorie veröffentlichte.
Abbildung: Wasserräder (Quelle: Rotarius, 1983: 189), links:
unterschlächtiges Wasserrad, recht: oberschlächtiges Wasserrad
Fundsachen zum Thema Wirkungsgrad:
Die einfachste Konstruktion finden wir beim unterschlächtigen Wasserrad.
Dieses besitzt einen Wirkungsgrad von 25%.
In unserer heutigen Zeit wird ihm aber keine Bedeutung mehr zugemessen.
Das oberschlächtige Wasserrad kann ebenfalls mit einer sehr
einfachen Konstruktion aufwarten. Als Langsamläufer mit
einem Wirkungsgrad von 60-90% und einer hohen Übersetzung wird es sehr
oft zum direkten Antrieb verwendet.
- Außenkotten
-
Bei einer Doppelkotten-Anlage dem Fluß
abgewandter Kotten, steht am Fluss-Ufer. Gegenstück: Innenkotten
- Doppelkotten
-
Anlage, die aus einem Innen- und
einen Außenkotten
besteht. Die Wasserräder beider Kotten werden aus einem gemeinsamen Obergraben
gespeist. Mehr zum Thema Kotten hier.
-
Faulheit oder Optimierung? Wenn man schon einen Graben ausgehoben hatte,
warum sollte man ihn nicht optimal nutzen. Er hat immerhin zwei Seiten.
-
Neben Innen- und Außenkotten gibt es noch zwei andere Bezeichnungen: Der am
Zugangsweg stehende Kotten heißt Vorderkotten (=Außenkotten), der an der
Flußseite stehende heißt Hinterkotten (=Innenkotten).
- Fachbaum
-
Im Meyers Konversationslexikon, Eine Encyklopädie des allgemeinen Wissens,
vierte Auflage, Leipzig, 1888-1889 steht:
Fachbaum: (Wehrschwelle), im Wasserbau der oberste Balken eines
Wehres. Da von dessen Höhenlage die Stauhöhe des gespannten [gestauten??]
Wassers abhängt, so wird sie meist gesetzlich festgelegt und darf
nicht eigenmächtig verändert werden (§274 des deutschen Strafgesetzbuches).
Diese Erklärung ist nicht ausreichend. In diversen Publikationen aus meiner
Heimatstadt Solingen finde ich den Fachbaum in einem Zusammenhang genannt, der
nicht direkt mit dem Wehr in Einklang zu bringen ist. Einen Hinweis für die
Wupperkotten fand ich beim
Obenfriedrichstaler Kotten. Die Wehrschwelle (der Fachbaum) beschreibt demnach den Punkt, wo der
Grund (die Sohle) des
Obergrabens in den
Untergraben übergeht.
- Fluotgrawen m.
- Flutgraben m.
- der vom Fluotschött (Flutwehr) in den Bachlauf führende Wassergraben
- Fluotschött s.
- Flutschütz s.
- Flutwehr s.
- Überlaufschleuse (Wehr) im Obergraben
In letzter Zeit tauchte dieser Begriff in einer örtlichen Tageszeitung auf.
Bisher kannte ich es nur aus Lunkenheimer.
Zitat: "Der zweite und
wichtigste Auslauf des angestauten Wassers führte durch die Freiarche
über das Wasserrad zum Untergraben. Die Freiarche - auch Flutkasten genannt -
war ein rechteckiger Wasserbehälter vor dem Wasserrad: er bestand aus
Gußeisen, Stein oder auch aus Holz."
Fundsachen:
Freiarche -
Wasserlauf, der das von der Mühle nicht benötigte Wasser (Freigerinne)
aufnimmt. (Quelle: home.arcor.de/muehlenverein/Muehlenlexikon_E-H.html)
Im Meyers Konversationslexikon, Eine Encyklopädie des allgemeinen Wissens,
vierte Auflage, Leipzig, 1888-1889 steht:
Freiarche (Freiflut, Freigerinne, Flutschleuse, Grundablaß), Wehranlage in
fließenden Gewässern, die durch aufziehbare Schützen etc. dem Hochwasser
Abfluß gestattet.
Laut Knaurs Konversationslexikon von 1931: "Freiarche,
Auslaß bei Stauanlagen für Abfluß überschüssigen Wassers."
Laut Beckmanns Neues Welt-Lexikon von 1959: "Freiarche,
Vorrichtung bei Stauanlagen, um das überflüssige Wasser abzuführen; sie heißt
Grundablaß, wenn die das Wasser abführende Rinne am Grunde der Anlage beginnt,
anderenfalls heißt sie Freigerinne, Freiflut, Flutschleuse, Überfall."
Was gibt mein Bildarchiv her? Ein Bild vom Manuelskotten in Wuppertal.
Hier gibt es einen rechteckigen Wasserbehälter vor dem Wasserrad. In der
Literatur wird dieser allgemein als Eishaus (rechteckiger Wasserbehälter
im Teichdamm) bezeichnet. Das Radschütz (Sperrschieber am Ausgang des Eishauses) liegt hier am Eingang.
Kommen wir noch einmal auf Lunkenheimer zurück, Thema Stauanlagen:
"An einer geeigneten Stelle ließ man bei dem Bau
des Teichdammes eine Öffnung und setzte dort ein Flutschütz ein, wobei
überschüssiges Wasser durch das Flutschütz in den Untergraben abfloß."
Ich vermute, Lunkenheimer hat den Begriff Freiarche falsch zugeordnet.
Kann jemand helfen?
Noch ein Hinweis: Wir reden hier über Dinge, die vermutlich nur für die
Schleifkotten, Mühlen und Hämmer an den Solinger Bächen gelten.
Stichwort Stauteiche und vorwiegend oberschlächtige Wasserräder.
ein künstlich angelegter Kanal,
namentlich eine durch Rinnen geführte Wasserleitung;
im Mühlenwesen ein meist aus Bohlen erbauter Kanal,
mittels dessen das Wasser auf oder gegen die Wasserräder geleitet wird.
»Sperrschütz (-schieber) im Obergraben. Wird geschlossen, wenn kein Wasser
aus dem Mutterbach in den Stauteich fließen soll.«
Quelle: Egon Viebahn, Hämmer und Schleifkotten im Gelpetal
Kann auch auf die Kotten an der Wupper übertragen werden: Das Gewalt-Schütz wird
geschlossen, wenn kein Wasser aus der Wupper in den Obergraben fließen soll.
Gewaltschütt bei F. Hendrichs
Gewaltschött [Quelle: Unveröffentlicht]
»Am oberen Ende des Obergrabens. Es konnte bei Hochwasser geschlossen
werden, so daß dann alles Wasser über das Wehr ablief und im Obergraben
und am Kotten keinen Schaden verursachen konnte. = Gewault = Gewalt,
Schött = Schleusentor.«
Gerinne, in dem das Wasserrad läuft.
(= Innenkotten), siehe Doppelkotten
Bei einer Doppelkotten-Anlage dem Fluß
zugewandter Kotten. Er steht quasi auf
einer (künstlichen) Insel. Gegenstück: Außen-Kotten
Ursprünglich bedeutete Kotten eine Hütte, die ein Bauer, ein
Viertelshofbesitzer, Eigenlehner, Eigenkätner oder Köter sein
Eigen nannte. Dabei erfuhr im Bergischen der Sinn dieses Wortes
allmählich dahin eine Einschränkung, dass nur solche Behausungen als
Kotten bezeichnet wurden, die zugleich als Werkstatt dienten. Man ging
darin noch weiter und verstand schließlich unter Kotten nur solche
Werkstätten, die zu Schleifzwecken Verwendung fanden,
die sogenannten "Slipkoten".
Erstmals taucht der Begriff "Schleifkotten" in dem
Heberegister aus dem Hause Nesselrath vom Jahre 1605 auf.
Ludwig Lunkenheimer, ein Mitarbeiter des Rheinisch- Westfälischen-
Elektrizitätswerkes in Solingen, wertete die
fortlaufenden Berichte des Solinger Tageblattes über die Bachläufe und deren
wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt Solingen aus und ergänzte diese
durch eigene Forschungen. 1990 wurden seine Ergebnisse
vom Landschaftsverband Rheinland im Arbeitsheft 33 unter dem Titel
"Schleifkotten, Mühlen und Hämmer an den Solinger Bächen"
veröffentlicht.
Die Kotten an der Wupper wurden von ihm ausdrücklich nicht
berücksichtigt.
Die einzig bekannte und umfangreiche Schilderung zu den Schleifkotten
an der Wupper erschien schon 1922, Franz Hendrichs war der Autor.
Wer Lunkenheimer liest, der sollte an eines denken: Dem Autor sind einige
gravierende Fehler unterlaufen: Jahreszahlen wurden falsch
wiedergegeben (oder war es der Setzer?), Kotten wurden falsch zugeordnet, Abbildungen sind mehrfach
missverständlich untertitelt und
aus den zitierten Beiträgen wurden häufig die erklärenden Sätze ohne Hinweis gestrichen.
Mehrfach ändert Lunkenheimer Vermutungen in Tatsachen ab, ohne dass er zusätzliche Quellen
angibt, die sein Vorgehen rechtfertigen könnten. An einigen Passagen habe ich den Eindruck, als ob er die
angegeben Quellen nicht vollständig gelesen und/oder verstanden hat.
Da seine bemerkenswerte Fleißarbeit nun aber einmal vorliegt oder im Bücherregal steht, müssen wir damit leben.
Derzeit gibt es kein umfassenderes Werk zu den Solinger Kotten an den Bächen.
Ich kann mich nur den mahnenden Worten von Hans Grah anschließen: Das Werk hätte in dieser Form
nicht erscheinen dürfen.
Bevor jetzt der Eindruck entsteht, ich sei unfehlbar; mir dürften ebenfalls einige dieser
Fehler unterlaufen sein. Daher die Aufforderung an alle Leser meiner Seite:
Wer zur Aufklärung etwas beitragen kann, der sollte sich bei mir melden!
Martinstag ist Zahltag
Der Martinstag am 11. November ist für die Bauern im Rheinland
immer noch der traditionelle Fälligkeitstermin für
Pachtzahlungen. In früheren Zeiten war an diesem Tag der Zehnte fällig, der in
Form von Naturalien an den Grundherrn entrichtet werden musste,
was natürlich erst nach der Ernte möglich war. Auch die noch bis
in dieses Jahrhundert übliche Verpachtung von Äckern und Wiesen
gegen Naturalien war an diesen Termin gebunden.
Auch heute noch suchen viele rheinische Landwirte um den
Martinstag herum ihre Verpächter auf, um den Pachtzins
persönlich zu überbringen. Diese Tradition bietet die
Gelegenheit, die guten Beziehungen zum Verpächter zu pflegen und
natürlich auch, sofern keine längerfristige Bindung besteht, den
Pachtpreis neu auszuhandeln.
Verpachtet werden landwirtschaftliche Grundstücke heute fast
ausschließlich gegen einen jährlich zu zahlenden festen
Geldbetrag. Die früher weit verbreitete Bindung des Pachtzinses
an die Preise landwirtschaftlicher Produkte, mit der sich die
Pächter gegen die Folgen der Geldentwertung absichern wollten,
ist heute fast verschwunden. Sinkende Agrarpreise trotz
Inflation haben diese Klauseln wirkungslos gemacht.
Nach wie vor werden die allermeisten Pachtverträge im Rheinland
mündlich abgeschlossen und per Handschlag besiegelt. Nur bei
größeren Pachtflächen und vor allem bei der Verpachtung ganzer
Höfe sind schriftliche Pachtverträge üblich. Über die Hälfte der
Landwirte im Rheinland ist auf Pachtland angewiesen. Aufgrund
der über lange Zeit üblichen Realteilung bei der Erbfolge
befinden sich viele landwirtschaftliche Grundstücke im Eigentum
von Nichtlandwirten.
[Quelle: http://www.landwirtschaftskammer.de/more/731.htm]
Die Legende des Heiligen St. Martin:
Martin von Tours (316-398) in Ungarn geboren war Offizier des römischen
Kaisers (Welcher mag es gewesen sein?).
Nach der Legende begegnete ihm in einer kalten Winternacht ein
Bettler, der nur noch Lumpen auf dem Leib trug und vor Kälte wimmerte.
Als Martin ihn sah, nahm er sein Schwert und schnitt damit seinen eigenen
Mantel mitten durch. Die eine Hälfte gab er dem Armen, die andere Hälfte legte
er sich selbst wieder um. In der folgenden Nacht soll dem Martin Jesus
Christus im Schlaf erschienen sein. Er soll jenes
Mantelstück getragen haben, das Martin dem Bettler am Abend gegeben hatte und zu den ihn
umgebenden Engeln sprach Christus:
Martinus, der noch nicht getauft ist, hat mich mit diesem Mantel
bekleidet!" In diesem Traum sah der junge Offizier eine erneute
Aufforderung, den Militärdienst aufzugeben, um in den Dienst Gottes
zu treten. Nach mehrjähriger Vorbereitungszeit ließ
sich Martin in Amiens, damals schon Bischofssitz
(346 nahm ein Bischof von Amiens am Konzil in Köln teil), taufen.
Seinen Militärdienst gab er aber noch nicht auf, weil sein Hauptmann,
mit der er befreundet war, ihn gebeten hatte, erst nach zwei Jahren um die
Entlassung aus dem Militärdienst zu bitten.
Martin ließ sich bald darauf im Alter von 18 Jahren taufen. Mit 40 Jahren
quittierte er seinen Dienst im Heer, wurde Missionar und wirkte seit 371 als
Bischof von Tours.
Besonders auf dem Lande war früher der Martinstag von besonderer Wichtigkeit.
An diesem Tage erhielten die Mägde und Knechte ihren Lohn, da jetzt die Ernte
eingebracht und der Wein gekeltert war. Der Martinstag bedeutete somit den
Abschluß eines Wirtschaftsjahres. Gleichzeitig mußten aber auch die Abgaben
an Zinsen und Pacht bezahlt werden. Viele Bauern leisteten ihre Abgaben nicht
finanziell, sondern in Form von landwirtschaftlichen Produkten (Naturalien),
z.B. einer Kuh, einem Schwein, einer Gans oder einem Huhn.
Weil die Gänse oft vorher geschlachtet wurden, um dem Gutsherren einen fetten
Gänsebraten zu servieren, wurden diese Gänse nach dem Namen des Tages, also
Martinsgans genannt.
[Quelle: http://www.weihnachtsstadt.de/brauchtum/Martinstag.htm,
http://www.martin-von-tours.de/
]
Jetzt bleibt die Frage, was die Gans mit dem
heiligen Martin verbindet. Angeblich hatte der
Martin keinen Bock auf den heiligen Dienst, versteckte sich in einer Hütte,
wurde leider von aufmerksamen Gänsen lautstark verraten. Als Ausgleich zu diesem
Verrat enden seit dieser Zeit die Gänse vorzeitig im Bräter.
Zufluss zum Wasserrad
Quelle:
Egon Viehban, Hämmer und Schleifkotten
im Gelpetal
»Wassergraben, durch den das Wasser des Mutterbaches über die Schlacht in
den Stauteich geleitet wird.«
Über die Schlacht ist etwas mißverständlich formuliert, mit Hilfe
der Schlacht
wäre besser. Die Schlacht ist ein
künstliches Hindernis im Mutterbach (oder in der Wupper). Dieses Bauwerk ist so
angelegt, dass ein Teil des aufgestauten Wassers in den Obergraben
abfließt. Eine Art Wasserweggabelung oder ein Hinweisschild mit der Aufschrift
"Umleitung". Wie im realen Leben halten sich nicht alle
Verkehrsteilnehmer an diesen Hinweis:-)
Quelle: Unveröffentlicht
»Das Stück des Abzweigs der Wupper vom Wehr (Schlaihte,
Gewault) bis an
den Kotten, wo als Abschluß sich "et Wirm" befand, ein festes
Balken - und Bohlengefüge mit dem "Radschött".«
Pliesten - Pließten - Feinschleifen - Polieren
Was pliesten ist, ist bekannt, aber die Herkunft dieses Wortes ist dunkel.
Darüber sei folgende Vermutung gestattet:
Das Wort "pliesten" ist wahrscheinlich eine Umgestaltung
eines älteren Wortes "pließen", früher gewöhnlich
"plyßen" geschrieben. In alten Schriftstücken ließt man von
"plyßmoelen", verhochdeutscht "pleißmühlen", und von
einem "plyßampt". Derjenige, der das Plyßen ausübte, hieß
Plyßer; daneben wird aber auch "polyßer" geschrieben: Merlo,
die Sasworter zu Köln, Annalen des historischen Vereins für den
Niederrhein, 48. Heft, Köln 1889, Seite 177. Dies hat eine merkwürdige
Ähnlichkeit mit dem französischen Wort polisseur, Polierer; sei es, daß
es von diesem Worte herkommt oder wenigstens von ihm beeinflußt ist. So
käme man auf das Wort "polieren". Später wurde dann polyßer,
plyßer umgeformt zu "Pliester" und danach "pliesten"
gebildet. Das eingeschobene t findet sich auch im Holländischen:
"polijster" Polierer, "polijsten" polieren.
J.B. (Professor Julius Bernhardt??) in "Die Heimat", 22. Juli 1950, S.32.
|
Meister Wietscher an seiner Pliestscheibe.
Aufnahme aus dem Jahr 2003, Schleiferfest am Wipperkotten.
|
Dem Herrn Professor sollte die Bedeutung des Wortes
"Pliesten" bekannt gewesen sein. Ob es dem geneigten Leser ebenso
erging, möchte ich bezweifeln.
Eine ausführliche Erklärung des Polierverfahrens fehlt hier eindeutig!
Die Tage lief im Fernsehen ein zu diesem Thema passender
Beitrag. Leider
habe ich die Dokumentation "Der Letzte seines Standes? Der Blaupließter" verpasst.
Es soll noch andere Varianten der Oberflächenbearbeitung
gegeben haben:
- Gezogen (ein oder zweimal gezogen)
- Geströpt
- Feingepließt
- Blaugepließt (ordinär blau, blau, fein blau)
- Schüngepließt
- Klargepließt
- Grobgepließt, weißgepließt, abgepließt
- Schiergrobgepließt (feingrobgepließt)
- Braungepließt (ordinär braun, braun, fein braun)
- Geschrömt
masc.; Schwall, Aufbrausen des Wassers. Wupperkotten: den Quall em Rad hann.
Wenn bei Hochwasser der Rückstau bis ans Wasserrad reicht. Der Quall hemmt
den Lauf zuletzt so, dass nicht mehr gearbeitet werden kann. Der Schleifer
kommt weit vor Feierabend nach Hause und sagt als faule Ausrede:
"Wir hatten den Quall em Rad."
Rudolf Picard, Solinger Sprachschatz, 3.überarbeitete Auflage
Quall m. Knoten, unangenehmes Gefühl im Halse, Geschwulst; Wehr
zum Abriegeln des Wassers; Überlaufen des brodelndenWassers beim Kochen
von Gemüse und sonstigen Speisen
Gustav Hermann Halbach, Bergischer Sprachschatz, Remscheid 1951, S.545
Quall m., Mz. -e (in den Wupperkotten gebräuchlich): Das vom
Wasserrad hochgeworfene Wasser des Untergrabens. Bei hohem Wasserstand
wie Hochwasser oder Rückstau des bachabwärts zunächst gelegenen Kottens
läuft das Rad in totem Wasser: "De Quall es em Rad", "Et
Rad löppt em Quall"; zu quellen = überfluten, stauen
Gustav Hermann Halbach, Bergischer Sprachschatz, Remscheid 1951, S.545
Quall kwal, Pl. -e Sol m.:
1. vom Wasserrad hochgeworfenes Wasser des Untergrabens, meist in der
nur in den Wupperkotten gebräuchlichen Wendung: "et Rad löpt em Quall";
"de Quall es em Rad" vom Wasserrad gesagt, wenn es bei hohem
Wasserstand, sei es infolge Hochwassers oder Rückstau des nächsten
Bachabwärts gelegenen Kottens, in totem Wasser läuft. Hierbei wird das
Wasser aus dem Untergraben wieder von der Radschaufeln emporgeworfen und
hemmte so den Gang des Rades, s. Fig. 13. Der Quall kann auch ins Rad
kommen, wenn es zu schnell läuft; es bedarf dann einer geschickten,
plötzlichen Veränderung der Wasserzufuhr am Schütz, um die Quall
"druten te donn". An den Solinger Bachkotten sagt man statt
Quall: "et Water es em Rad"; auf Remscheider Gebiet "et
Rad löppt en dudem Water. --
2. ein Wehr, das den Bachlauf absperrt und das Wasser in den Obergraben
leitet, s. Fig. 14; "de Quall open (to) donn", die
Sperrschleuse öffnen (schließen); man kann auch (seltener) für jede
andere Schleuse, z.B. für die "Turtel", Quall sagen. Die Bezeichnung Quall
ist heute nur an den Bachkotten auf Solinger Gebiet gebräuchlich; an der
Wupper entspricht dem Quall die "Dickmur" (Teichmauer), in
Remscheid die "Schleite" (Schlacht). --
3. veraltet Teich. Urkundliche Belege: Morsbachtal 1529: "dat der
Dich off quall zubrech (zerstört)"; Aprath a.d.Düssel 1587:
"einen newen Weyer oder quall auffgestellt"; Müngsten an der
Wupper 1622: "den Deich oder Quall in der Wupper zurichten";
Solingen 1687: "schleifkotten mit allen quellen und Dämmen". --
Abgeleitet von quellen, s.d.
Hans Hardenberg, Die Fachsprache der bergischen Eisen- und
Stahlwarenindustrie, Bonn 1940, S.135f
Absperrvorrichtung in unmittelbarer Umgebung des Wasserrades. Mit diesem
»Schütt« steuert der Schleifer den Wasserzufluss auf das Wasserrad
und letztendlich die Kraft bzw. die Umdrehungszahl der Schleifsteine oder Pließtscheiben.
Mundartlich Schlaihte = Wehr, Teichmauer; abgeschrägte Mauer, die einen Teil des
Wasser in den Obergraben und (damit) an
das Wasserrad leitet.
Andere Quelle:
Egon Viehban, Hämmer und Schleifkotten
im Gelpetal
Stauwehr im Muttergraben am Anfang des Obergrabens.
Weitere Quelle: Unveröffentlicht
Schlaihte - Wehr aus Bruchsteinen, auch mit aufgesetztem Bord, durch
das die Stau vergrößert werden konnte und damit auch das Niveau im Obergraben
und also am Wassserrad die nutzbare Kraft (Gefälle). Statt "Schlaihte" gab
es auch den Namen "Diekmur". "Schlaihte" von "Schlacht" und "schlagen".
-diek masc.; Grundwort in Siedlungsnamen; Teich. Wiefel-, Tiewen-; tem Dieke
/Dycke), Dycker - (s.Teich). Zu den -dieknamen gehört in der Regel die
Präposition am. Tem Dycke; Bedeutung wahrscheinlich nicht Teich sondern Dickicht.
Rudolf Picard, Solinger Sprachschatz, 3.überarbeitete Auflage
Mur fem.;
Pl. Muren; Vlk. Mürken; Mauer; ahd. müra; mhd. müre; Lehnwort aus lat.
murus = Mauer, Wall; dazu muren = mauern, d.h. Stein auf Stein fügen.
S.a. Mürer (Maurer)
Rudolf Picard, Solinger Sprachschatz, 3.überarbeitete Auflage
Schlaite w., Schlait w. die Schlacht oder die Schlecht, d.i. der Graben oder
die Zufuhr, wodurch das Wasser vom Hammer- und Kottenteiche zum
Wasserrade geleitet wird, der Wasserüberfall bei der Stauung und
Regelung der Bäche; mhd. sleth = grade; mnd. schlacht; vgl. Grawen,
Göte, Gröte, Gräute, Rönnsti'gen! - Kindl. Volm. 2, 220 (Urkunde von
1299); que obstructio (Mühlendamm in der Lippe) vulgariter appellatur slacht.
Gustav Hermann Halbach, Bergischer Sprachschatz, Remscheid 1951, S.615
Teil vom Wasserrad.
fem.; Pl. Schalte; Boot, Nachen zum Übersetzen, als Personenfähre,
mittels Stange fortzubewegen. In Müngsten hat es eine solche gegeben.
Der Kotten in Müngsten heißt Schaultkotten, An der Schault. S. Schaul.
Rudolf Picard, Solinger Sprachschatz, 3.überarbeitete Auflage
siehe Kotten
Mundartlich Schött [geschl. ö wie in Löwe] = Absperr-, Regulierungs- Vorrichtung.
Siehe Strauberrad.
Die Schaufeln des Wasserrades sind zwischen den Radkränzen befestigt.
Die Art und Weise, wie die Schaufeln mit den Radkränzen verbunden sind,
bedingt hauptsächlich den Unterschied in der Konstruktion der Räder.
Wenn die Schaufeln auf der Peripherie eines oder mehrerer Kränze stehen,
nennt man das Rad ein Strauberrad, wenn die Schaufeln zwischen zwei (oder
drei) Radkränzen befestigt sind, nennt man das Rad ein Staberrad.
Abfluss vom Wasserrad. Dieser künstlich
angelegte Graben mündet mehr oder minder später wieder in den Bach oder
den Fluß.
(= Außenkotten), siehe Doppelkotten
Antriebsmechanismus per Wasserkraft. Man unterscheidet drei Arten:
ober-, unter- und mittelschlächtiges Wasserrad.
Nutzt sowohl die Gewichtskraft als auch den Wasserdruck. Das Wasser
trifft etwas in Höhe der Achse auf das Rad.
Der Wirkungsgrad ist geringer
als beim oberschlächtigen Wasserrad. Es ist eine Abdichtung zwischen Rad und
Zubringerkanal (Kropf) nötig. Bei stark schwankenden Wasserständen im Zu-
und Abfluß brauchbar.
Rad wird durch das Gewicht des Wassers angetrieben. Zuführung des
Wassers durch ein oberhalb des Rades liegendes Gerinne.
Die oberschlächtigen Wasserräder kommen dann zum Einsatz, wenn
großes Gefälle, geringe Ergiebigkeit des Gewässers gegeben ist.Der
Wirkungsgrad ist sehr hoch (80-90%), das Rad ist in der Herstellung
aufwendig (Dichtheit).
Das Rad hängt im Wasserstrom, das Wasser wirkt durch die
Strömungsgeschwindigkeit auf die unteren Schaufeln des Wasserrades.
((Fehler! Das Bild zeigt ein halb-mittelschlächtiges Kropfrad))
Ein unterschlächtiges Wasserrad mit Schnurgerinne sieht wie folgt aus:
Die unterschlächtigen Wasserräder nützen mehr den Strömungsimpuls
aus, der Wirkungsgrad ist gering (15-20%).
in fließende Gewässer
eingebauter Damm aus Stein, Stein und Holz, Holz oder Stein und Eisen zur Aufstauung
des Wassers, dessen Geschwindigkeit oberhalb des Wehrs
ermäßigt, dessen Gefälle unterhalb desselben vermehrt und hierdurch für Triebwerke,
Schiffahrt und Bewässerungsanlagen nutzbar gemacht wird.
Nach ihrer besondern Bestimmung sind die Wehre Überfallwehre, wenn sie überflüssigem,
nicht zu einem der genannten Zwecke erforderlichem Wasser Abfluß gewähren;
Ablaßwehre, wenn sie mit beweglichen Vorrichtungen, z. B. Schützen, versehen sind,
die nur dann geöffnet werden, wenn das
Wasser vorübergehend, z. B. bei Hochwasser, Reparatur von Triebwerken u. dgl., abgeleitet
werden soll; Grundwehre, meist aus Senkfaschinen oder
niedrigen Steinwürfen bestehend, wenn sie zur örtlichen Hebung des Wasserstandes dienen;
Schleusenwehre, wenn sie mittels Schützen das Wasser
hoch aufzustauen gestatten, um ihm dadurch eine größere Wirkung auf das Triebwerk zu verschaffen;
Gabelwehre, wenn sie das Wasser nach zwei oder
mehr Richtungen abzuleiten haben, und
Streichwehre, meist parallel zum Ufer laufend, wenn sie überflüssiges Wasser über
sich strömen lassen und dadurch seitlich abführen. Je nachdem die Wehre aus Stein oder
Stein und Holz bestehen, unterscheidet man die massiven oder halbmassiven Wehre.
Nadelwehre sind solche, bei welchen die Stauvorrichtung aus einer Anzahl
beweglicher hölzerner Pfosten oder eiserner Stangen besteht, wodurch der
Stau zugleich reguliert werden kann.
Schwimmwehre bestehen aus quer in die Stromrichtung gestellten Schiffen,
welche sich an senkrechte, am Ufer befestigte Winkelschienen anlehnen und meist
gleichzeitig zu Fußstegen dienen. Nach der Art des Abflusses unterscheidet man
endlich vollkommene Überfälle, wenn das Unterwasser unter, und unvollkommene
Überfälle, wenn dasselbe über der Dammkrone steht.
[Meyers Konversationslexikon, 1889]
Verweise
Rätsel
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