Der Geschichtsschreiber unserer lokalen Tageszeitung tippte 1998 folgende Zeilen in den Redaktionscomputer:
»Auch diese Doppelkottenanlage brannte ab, und zwar in der Nacht vom 15./16. Oktober 1847. In dem wiederaufgebauten Außenkotten wird seit über hundert Jahren eine Gaststätte betrieben.«
Erstmals nehme ich dieses Gebäude wahr. Von der Müngstener Brücke aus sind es gerade einmal 30 Minuten Fußmarsch. Nicht nur der Wald bietet derzeit einen etwas morbiden Charakter - die Herbst- bzw. Frühlingsstürme haben mächtig in dieser Gegend gewütet. Auf halber Strecke zwischen Müngsten und Burg kann der Wanderer hier nicht nur bei einem Bier im gleichnamigen Garten verweilen (Kaffee und Kuchen gibt es auch), sondern auch die Wupper überqueren. Der Fährbetrieb wurde schon vor sehr langer Zeit eingestellt (Zeugnisse gibt es noch in Form einer Preistafel in der Gaststätte), wir können heute die im Jahre 1893 von Otto Jörgens errichtete stählerne Fußgängerbrücke nutzen. Brückenzoll ist heute nicht mehr angesagt.
Niete, Nieten …
»Schon 1715 war dieses Gebäude als Doppelkottenanlage verzeichnet, gelegen "in der großen Wiesen".« [Hier irrte womöglich Franz Hendrichs (Hendrichs, Franz, Die Schleifkotten an der Wupper. Köln 1922, Seite 69.)], in der Karte von Ploennies aus dem Jahr 1715 ist der Wiesenkotten nicht eingetragen. Die Karte verzeichnet am Wupperlauf zwischen Müngsten und Burg nur drei Kotten, den Schaltkotten, den Anschlagskotten und den Arnsberger Kotten.] Ursprünglich wurden im Wiesenkotten ausschließlich Tisch- und große Messer geschliffen.
Reger Ausflugsverkehr (Bau der Müngstener Brücke 1894-1897 und Wiederaufbau von Schloß Burg 1887-1914) dürfte die damaligen Besitzer des Schleifkottens angeregt haben, hier schon frühzeitig eine Gaststätte einzurichten.
Was wundert: Das Wehr in der Wupper ist auch heute noch sehr gut wahrnehmbar, eben Solinger Qualitätsarbeit. Für die Lachse dürfte es kein Hindernis darstellen. Ober- und Untergraben sind nicht mehr zu erkennen. Nur die vier ebenerdigen stählernen Träger im ersten Bild deuten die einmal vorhandene Querung des Untergrabens an. Unaufmerksame und unkundige Wanderer sehen darin nur Stolperfallen.
Mehr kann ich im Moment nicht zu diesem Bauwerk textlich beitragen. „Wolf“ und „Mücke“ beschützen es (Vierbeiner, die gerne Stöckchen apportiern). Bilder gibt es noch, demnächst in diesem Kino......
Die Stolperfallen wurden mittlerweile mit einer Schicht aus Asphalt zugedeckt. Die Wupperbrücke erhielt neben einem Anstrich auch eine neuen, hölzernen Fahrbelag. Und auch vor den Wupperwanderwegen rund um den Wiesenkotten machte man nicht Halt. Im Rahmen der Regionale 2006 spendierte man ihnen einen neuen Gehbelag, ein paar erklärende Stelen und die Oberhausener Künstlerin BILLIE schuf kleine Aufmerksamkeiten am Wegesrande, die zu spielerischer und gedanklicher Auseinandersetzung anregen sollen.
... Schilder findet man auch hier .... Wiesenkotten ...
Was habe ich alles nicht genannt, vergessen...?
Standort des Wiesenkottens im Stadtplan der Stadt Solingen
Die Gaststätte scheint in ein Dornröschenschlaf gefallen zu sein:
Auch wenn es dort am Giebel dick angeschlagen steht, es gibt keine belastbaren Angaben darüber, dass der Kotten 1715 errichtet wurde. In der Wiebeking-Karte aus dem Jahre 1789ff ist er verzeichnet, daher deutet vieles auf das Mitte des 18. Jahrhunderts hin.
Pressemitteilung 551/stm der Stadt Solingen:
Die Wupperbrücke am Wiesenkotten ist für Wanderer und Radfahrer eine
wichtige Verbindung zwischen Brückenpark Müngsten und Unterburg. Derzeit
erhält sie einen neuen Korrosionsschutz. Da die Arbeiten abhängig sind
von Temperatur und Wetterlage, dauert die Sanierung nach dem Dauerregen
der vergangenen Wochen noch an. Der komplette Belag musste entfernt und
die gesamte Konstruktion eingehaust werden, bevor mit der Beschichtung
begonnen werden kann. Dafür muss die Brücke bis zum Ende der
Sanierungsarbeiten gesperrt bleiben. Wanderer werden frühzeitig am
Brückenpark und in Unterburg mit Schildern auf die Sperrung hingewiesen,
um alternativ die Schwebefähre zur Wupperquerung einplanen zu können.
Die Arbeiten werden voraussichtlich noch bis Ende Oktober andauern.
Die Wupperbrücke wurde nach der Sanierung wieder zur Nutzung freigegeben.
In den Morgenstunden ist der Wiesenkotten bis auf die Grundmauern abgebrannt.
Im Waterbölles erscheint ein Artikel zur Geschichte des Wiesenkottens: Karl und Hulda Kemper, die ersten Wirte