Schleifkotten an der Wupper - Wiesen Kotten |
Heute zeigt sich die Wupper beim ersten Hinblicken wieder in einem sehr natürlichen Zustand. Dies war nicht immer so, zeitweise zu einem Abwasserkanal auserkoren, wurden bauliche Maßnahmen ergriffen, die diesen abführenden Charakter unterstützten. Unter anderem wurden vom Wupperverband fast alle Hindernisse im Fluss beseitigt, so auch das Wehr am Wiesenkotten.
Zu diesem destruktiven Thema gibt es im Stadtanzeiger zum Solinger Tageblatt am 8. September 1951 einen Beitrag:
»Der Abbruch der Wupperwehre an der "Donau" und am "Wiesenkotten" hat gute Fortschritte gemacht. Der größte Teil der Staudämme ist bereit abgebrochen worden. Hierbei trat zutage, mit welcher Fachkenntnis und Gründlichkeit damals gebaut wurde. Die härteste Arbeit gab es beim Wehr an der "Donau", dessen Mauerwerk nur mit Dynamitsprengung und Baggergriff geräumt werden konnten. Aus dem Grund des Wupperbettes ragen jetzt noch die Eisenkonstruktionen, 14 mächtige Anker, die im Abstand von zwei Meter auf einer Länge von ungefähr 16 Meter flußabwärts eingelassen waren und der gesamten Anlage eine natürliche Unzerstörbarkeit sicherten. Das an den Böschungen zu beiden Seiten der Wupper angehäufte Steinmaterial, darunter die mehrere Zentner schweren behauenen Decksteine, verraten eine Arbeitsleistung, die alle Achtung erheischt; zumal sie vor 100 Jahren bei den begrenzten technischen Hilfsmitteln der damaligen Zeit mit Menschenkraft und Handarbeit erzielt wurde.
Schon jetzt hat sich das Landschaftsbild durch den Abbruch der Wehren wesentlich geändert. Auf einer Länge von einem Kilometer hat sich der Wasserspiegel um mehr als einen Meter gesenkt. An Stelle des hochwassergefährdeten Flachufers ist ein Steilufer getreten, dessen Wände auf 1:2 nivelliert und mit dem anfallenden Steinmaterial befestigt werden. Durch die Begradigung des Wupperufers wird neues Land gewonnen und die "Donau" (Donars-Aue) beachtlich verbreitert. Bei einer weitsichtigen Planung, die die Absichten des Wupperverbandes, in zehn Jahren das Wasser der Wupper wieder klar und geruchlos zu machen, aufgreift, kann hier an dem Weg zwischen "Donau" und "Wiesenkotten" ein Erholungsidyll geschaffen werden, das mit Freibad, Tennisplätzen und Parkanlage dem Ortsteil Unterburg einen neuen Auftrieb geben könnte.«
Ein Erholungsidyll mit Freibad, Tennisplätzen und Parkanlage? Weder Freibad noch Tennisplätze und Parkanlage hat es seit 50 Jahren an dieser gedachten Stelle gegeben.
Das Wupperwasser ist tatsächlich 50 Jahre später wieder klar und geruchlos, was aber über den Zustand des Fließgewässers wenig aussagt.
»Den Heimatfreund wird es interessieren zu hören, daß das Donauwehr 1852 für die flußabwärts gelegene Papierfabrik gebaut wurde. Auf dem Solinger Ufer stieß man damals auf Reste eines alten Kottens, der aber schon 1715 nicht mehr in Betrieb gewesen sein muß, da ihn die "Charte vom Ambte Solingen 1715" von H. Ph. Plönnies [der mathematische Praktiker und Landmesser hieß Erich Phillipp Ploennies (1672-1751). Den Schreibfehler hat der Autor des Zeitungsartikels vermutlich von Franz Hendrichs, Die Schleifkotten an der Wupper, Köln 1922, S.15, übernommen. mte] nicht vermerkt. Heute noch kann man den Weg erkennen, der vom Dorperhof über die Gallopa [Meint der Autor die Galapa? Ein Waldgelände an der Wupper bei Burg, einst eine Wallburg. mte] hierher zu einer Wupperfurt führte. Ein Weg, der wohl erst seit dem Bau der Solinger Landstraße um 1818 aus dem öffentlichen Gebrauch zurücktrat, bis dahin aber wohl ein Teil der Verbindungsstraße vom Rhein zum Hellweg darstellte.
Das Wupperwehr am Wiesenkotten wird auf der Karte von Plönnies erwähnt. In seinen Ausmaßen wesentlich kleiner, hat es dennoch die Wasserkraft für den Betrieb eines Doppelkottens mit zehn Schleifsteinen aufgestaut. Hier wurden früher Messer und später Sägen geschliffen. Um die Jahrhundertwende wurde der Betrieb stillgelegt und zu einem Gasthaus umgebaut. Der Plan des Burger Fabrikanten O. Jörgens, "das Wassergefälle zwischen Müngsten und Burg durch umfassende Stau- und elektrische Kraftanlagen auszuwerten", kam durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges nicht zur Verwirklichung.«
Da freute sich vor mehr als 50 Jahren der Heimatfreund über die Neuigkeiten, die der unbekannte Autor hier in die Zeitung setzte. Man sollte seine "Fakten" nicht so ernst nehmen, die Logik des Schreibers verstehe ich eh nicht. Beispiel? Warum muss ein Kotten, der 1715 in einer Karte nicht verzeichnet ist, vorher seinen Betrieb eingestellt haben? Ebenso gut könnte er nach 1715 erbaut worden sein. Bisher sind mir auch keine Wehre bekannt, die in der Karte von Ploennies explizit verzeichnet sind. Der Abschnitt Müngsten - Burg ist auf der angesprochenen Landkarte sowieso eher ein Strich in der Landschaft (man könnte ihn auch als weißen Fleck in Ploennies Kartographie bezeichnen).
Otto Jörgens scheiterte 1926 wirtschaftlich mit seiner Papiermühle in Burg, die er daraufhin verkaufte. Sein Kampf gegen die Wupperverschmutzung endete am 14. Juli 1926.
Folgende Karte aus dem Jahre 1903 hat mit dem Artikel nur indirekt etwas zu tun, sie zeigt die Position des Wehres am Wiesenkotten.
1903 angefertigte Landkarte: Wiesenkotten und nähere Umgebung |
Mehrfach wurde ich auf diesen oben genannten Flurnamen angesprochen. Es gibt ihn tatsächlich und nicht nur in Form des Straßennamens in Gräfrath. Am linken Wupperufer zwischen Wiesenkotten bzw. dem Fischershäuschen und Unterburg an der Wupper gelegen, verbirgt dieser Name eine uralte Papierfabrik.
Ausschnitt aus und nach einer Karte aus dem Jahre 1872 |
Heute sieht man von diesem wässerigen Bollwerk nichts mehr. Am Land muß man/frau schon genauer hinsehen. Ein massiver Felsbrocken und „kasernenähnliche Unterkünfte“ weisen den Weg.
Ob es eine Aue von Donar gewesen ist, mag ich nicht beurteilen.
Im Rahmen der Regionale 2006 wurde der Erlebnisweg Wupper ausgeschildert. Am ehemaligen Standort der Papiermühle stellte man eine Stele zur Erklärung auf.
„Der Papierfabrikant F. Forstmann hat die Absicht auf seinen an der Donau gelegenen Grundstücken eine Papiermühle anzulegen, welche vermittelst eines Wasserrades und einer Turbine durch den Wupperfluß betrieben werden soll,“ las man 1854 in den Bekanntmachungen des Burger Bürgermeisters. Durch die Erfindung der Papiermaschine und des Holzschliffes setzte sich zu dieser Zeit in der Papierherstellung die maschinelle Massenproduktion durch. Die Familie Forstmann, die bereits seit 1818 unterhalb von Burg eine Fruchtmühle und später eine Spinnerei und Papiermühle besaß, spezialisierte sich in der neuen Fabrik auf Verpackungsmaterial für die Solinger Stahlwarenindustrie. Die aus alten Schiffstauen hergestellten, wasserabweisenden Papiere schützten die Waren vor Rost. Ab 1897 litt der Betrieb zunehmend unter unregelmäßigem Wasserfluss. Der Grund war das oberhalb an der Wupper errichtete E-Werk in Müngsten, das aus seinem großen Wehrbecken je nach Bedarf viel oder wenig Wasser durchließ. Inspiriert vom Erfolg dieses Unternehmens beabsichtigte Forstmann 1898 in Burg ebenfalls ein Elektrizitätswerk zu errichten, konnte seine Pläne aber nicht umsetzen.
Nach dem Tod des letzten Inhabers 1920 nutzte die Stadt Solingen die Papiermühle als Knochenmühle. Aufgrund der üblen Gerüche wurde sie 1925 stillgelegt und 1930 abgerissen. Von der alten Fabrik an der Donau, wie das Gebiet um die Wupperbiegung im Volksmund heißt, ist nur noch das Kutscherhaus am Felsen erhalten.
Die Stelenaussage, dass die Stadt Solingen die Papiermühle nach dem Tode des letzten Inhaber 1920 nutzte, bezweifele
ich. Der letzte Eigentümer der Papiermühle war Otto Joergens und dieser
starb nachweislich erst am 14.7.1926.
Hier die Bekanntmachung des Burger Bürgermeisters Uesseler zum
Bauvorhaben in voller Länge:
1607. Beabsichtigte Anlagen
1000. Bekanntmachung
Der Papierfabrikant F. Forstmann hierselbst hat die Absicht auf seinem in der Flur II. Nr 128, 129 und 131 bis 134 an der Donau dahier belegenen Grundstücken eine Papiermühle anzulegen, welche vermittels eines Wasserrades und einer Turbine bei der Fachbaumhöhe von 293' des Amsterdamer Pegels und Schüttöffnungen von 10 Fuß für das Rad und 2/3 Fuß für die Turbine durch den Wupperfluß betrieben werden soll. Zu diesem Ende soll ferner zwischen den Grundstücken Flur I. Nr. 33 und Flur II. Nr. 119 eine steinerne Schlagt von 296',43, Krohnenhöhe über dem Nullpunkte des Amsterdamer Pegels, quer durch den Wupperfluß, sowie ein Obergraben von 20' lichte Weite u. im Untergraben von 30' lichte Weite erbaut werden, welch Letzterer das Wasser auf dem Grundstücke Nr. 133 Flur II. der Wupper wieder zugeführt und eine Sohlenhöhe von 291' erhalten soll. Hiermit in Verbindung stehend liegt die Absicht, den kleinen Wupperarm, welcher zwischen den Grundstücken Flur I. Nr. 1 u. 2 Flur II. Nr. 119, 126 u. 127 sich befindet, zuzuschütten. Ich bringe dieses Vorhaben mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß, daß das betreffende Konzessionsgesuch nebst Situations- und Nivellementskarten auf dem hiesigen Bürgermeisteramte zur Einsicht offen liegen und daß etwaige Einwendungen in der Präklusivfrist von 4 Wochen vorgebracht werden können.
Burg a. d. Wupper, den 30. September 1854. Der Bürgermeister: Uesseler
Quelle: Öffentlicher Anzeiger, Düsseldorf, 4. Oktober 1854, Seite 581, Signatur I-B-10 (Stadtarchiv Solingen)