Im Jahr 1997 veröffentlichte der Bergische Geschichtsverein, Abteilung Solingen, einen geschichtlichen Wanderführer mit dem Titel »Auf alten Wegen um die Müngstener Brücke«. Der Autor, Friedrich Winkgen, beschreibt in dieser Broschüre Wanderwege rund um die Müngstener Brücke. Der Abschnitt 19 beschäftigt sich mit dem Wiesenkotten:
Dieser "in der großen Wiesen" gelegene Kotten wurde 1715 als Doppelkotten erwähnt. Bis zum Jahre 1880 war er eine arbeitsreiche Stätte, dann aber zu einem Wirtshaus umgebaut und seit dieser Zeit ein beliebtes Ausflugsziel. Wehr und Gräben sind, wie fast im gesamten Flußlauf, vom Wupperverband beseitigt worden, um die Fließgeschwindigkeit der Wupper zu erhöhen. So beschleunigt, war der Fluss nämlich besser als Abwässerkanal zu nutzen. Gut zu sehen ist noch, dass der Obergraben in die Biegung des Wupperverlaufes (in den Gleithang) vertief wurde und an seinem Ende das Kottengebäude steht.
Nach weiteren ca. 300 m wandern wir an einer einsamen, im Wald gelegenen, ehemaligen Gastwirtschaft 'Haus Waldfrieden' vorbei.
Hier an dieser Stelle erinnert der Flurname "Am Fischerhäuschen" uns zum ersten Male an ein Gewerbe, welches bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreichen Burger Bürgern einen auskömmlichen Lebensunterhalt bot, die Wupperfischerei. Fischer waren auch die ersten, urkundlichen in der Mitte des 15. Jahrhunderts erwähnten Gewerbetreibenden der Gemeinde Burg. In früheren Zeiten galt die Wupper als fischreichster Fluss im Westen. Das Wasser war klar und sauber und der Fischfang bedeutend (Hecht, Barsch, Rotauge, Forelle, Aal, Süßwasserkrebs, Pierling und Lachs).
Vor allem Lachs, der im Herbst zum Laichen in die heimische Flüsse
zurückkehrte, war sehr begehrt. Ein Reisender aus Schweden berichtete
1758 aus Elberfeld: Die Wupper fließt hier gleichfalls vorbei. Sie
ist reich an Fischen von beträchtlicher Größe, die in Weidenkörben
gefangen werden; sie werden zu 24-30 Stüber per Pfund verkauft. Man
versendet sie lastweise nach Köln, sowie nach anderen Plätzen der Umgebung.
Gleich hinter der Gastwirtschaft, rechts am Wege in Richtung Burg, sieht man ein ausgedehntes Feuchtgebiet.
Dieses Feuchtgebiet ist der Rest der Herzoglichen Fischteiche „an der Donau“, der Kameralfischerei. Diese Anlage versorgte die Küche der Herzoglichen Residenz, in Düsseldorf und auf Schloss Burg mit Fisch. Die Anlage bestand aus einer Sperre, die nur in der Mitte einen schmalen Durchgang freiließ. Hier wurden die Lachse, wenn sie vom Rhein zum Laichen den Fluß heraufkamen und den Wasserfall hochsprangen, in einem großen Holzbottich abgefangen.
Nach altem Recht waren die Bäche und Flüsse Eigentum der jeweiligen Landesherren, und für die Nutzung des Wassers waren an diese Abgaben zu zahlen. Auch die Fischerei unterlag dieser Pflicht. Die entsprechenden Beträge waren an die Rentkammer der Burger Schlossverwaltung (Kellnerei) zu entrichten.
Dieses wertvolle Hinweisschild ist kein Überbleibsel aus dem 18. Jahrhundert. Es stammt aus dem derzeitigen Jahrtausend. Ob der Vorstand auch der Meistbietende war?
Die Landesherren verpachteten die Wasserläufe an den jeweils Meistbietenden. Da das Gebiet der Burger Fischerei von der Papiermühle bis zum Balkhauser Kotten reichte und auch den Morsbach, den Eschbach und den Eifgenbach einschloß, vermieteten die Pächter die Gebiete auch wieder an Unterpächter. Seit dem Jahre 1437 sind Berichte und Urkunden erhalten, die über diese Versteigerungen berichten. Als Beispiel sei über eine Pachtversteigerung berichtet, die am 8. Februar 1786 stattfand und über die ein komplettes Protokoll vorliegt.
Eigentümer der Fischereirechte in Burg war zu dieser Zeit der Landesherr, Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz und Kurfürst von Bayern. In seinem Auftrag wurden die Rechte versteigert; der Meistbietende war der Remscheider Kaufhändler Johann Franz Hasenclever. Er bezahlte 195 Reichstaler. Trotz dieser Verpachtung sicherte sich die Hofküche in Düsseldorf immer noch ihren Teil der Fänge und bestimmte darüber hinaus noch die Preise, die die Fischer nehmen durften. Diese Preise waren Teil des Pachtvertrages.
Die Rümpgen (bottichartiges Maßgefäß), deren jedes an puren Fischen
ein Pfund schwer sein soll.
Nemlich von Gründel | 7 1/2 Stüber |
ein Rümpgen Juven | 8 Albus |
ein Redlingsrümpgen | 7 Albus |
ein Pfund Forellen | 11 Albus |
ein Pfund Lachs | 8 Albus |
ein Pfund Salm | 8 Albus |
ein Viertel Krebs | 9 Albus |
Die Fische, die vom Kurfrst. Hofstaat gefordert werden, dürfen an
niemanden anders verkauft werden.
(Soweit ein Teil des Originaltextes.)
Die Verpflichtungen, die die Pächter der kurfürstlichen Hofhaltung gegenüber zusätzlich zu erfüllen hatte, zwangen sie, bestehende Forellenweiher, Schlachten (Stauwehre) und Fischbehälter auf eigene Kosten in einem so guten Zustand zu erhalten, dass diese nach Pachtablauf im besten Zustand wieder abgegeben werden konnten. Interessant ist auch die Verpackungsart für Gründel, Juven und Redling (kleine, kaum fingerlange Fischchen). Nach dem Abkochen, Trocknen und Sortieren wurden die Fischchen in grüne Blätter gehüllt. Diese Fischpäckchen umschloss man dann mit einem Stück Weidenbaumrinde, band sie mit einem Bindfaden zusammen und brachte sie so auf den Markt.
Die Fischerei war natürlich auch eine herrliche Nebenbeschäftigung der Schleifer. Stand das Wasserrad in der Mittagspause und nach Feierabend still, dann war das Wasser im Untergraben nur fußhoch. In diesem seichten Waser war es dann leicht, Fische zu fangen.
Mit der Industralisierung des Wuppertales zwischen Elberfeld und Barmen Anfang des 19. Jahrhunderts begann auch die Verschmutzung der Wupper.
Bekanntlich begreift man unter diesem bei den Freunden des Lichtes
sehr verrufenen Namen die beiden Städte Elberfeld und Barmen, die das
Thal in einer Länge von fast drei Stunden einnehmen. Der schmale Fluß
ergießt bald rasch, bald stockend seine purpurnen Wogen zwischen
rauchigen Fabrikgebäuden und garnbedeckten Bleichen hindurch; aber seine
bechrothe Farbe rührt nicht von einer blutigen Schlacht her, denn hier
streiten nur theologische Federn und wortreiche alte Weiber, gewöhnlich
um des Kaisers Bart; auch nicht von Schaam über das Treiben der
Menschen, obwohl dazu wahrlich Grund genug vorhanden ist, sondern einzig
und allein von den vielen Türkischroth-Färbereien. ..
(Friedrich Engels,
Briefe aus dem Wuppertal, erschienen im 'Telegraph für Deutschland',
März 1839)
Der Fluss selbst macht einen üblen Eindruck, da er eine offene
Kloake ist, die alle Abwässer aufnimmt. Sie gibt die verschiedenen
Farben nicht preis, welche von den Färbereien in einer trüben,
undefinierbaren Brühe abgelassen werden. Ihr Anblick läßt den Fremden
erschauern
. Dies schrieb ein englischer Reisender im Jahre 1846 über
die Wupper. Da war dann auch kein Platz mehr für die Fische, sie
verschwanden völlig. So alt wie das Problem der Wupperverschmutzung, so
alt sind auch die Proteste der Anwohner. Im September 1911 bildete sich in Solingen
der Verein 'Bergischer Heimatschutz' mit Otto Jörgens als Vorsitzenden, mit dem Ziel, für die Reinigung und Reinhaltung der Wupper
und ihrer Zuflüsse zu wirken. 1913 gingen zum ersten Male Wupperanlieger
gerichtlich gegen die Verschmutzung vor, die Städte Elberfeld und Barmen
saßen auf der Anklagebank. Der Prozess endete 1923 mit
einem Vergleich der streitenten Parteien. Nach dem 2. Weltkrieg bedurfte es einer
Bürgerinitiative, um die seit 1923 formulierten Rechte wieder ins
Gespräch zu bringen, hatten doch alle Beschwerden bis dahin wenig
Erfolg. Die 1967 gegründete NOTGEMEINSCHAFT ABWASSERGESCHÄDIGTER e.V.
mit ihrem Sitz im Wipperkotten, trat seitdem als ständiger,
erfolgreicher Mahner auf. Die Einrichtung von Kläranlagen, die Kontrolle
der Einleitungen und die großen Bemühungen aller Beteiligter zeigen
heute deutliche Erfolge. In großer Zahl kehren die Fische, zur Freude
der Angler, in die Wupper zurück. Ob damit aber die Kantine des
Landtages in Düsseldorf versorgt werden kann, ist sicherlich
Geschmackssache. In dem kleinen Privatmuseum des Wipperkottens bei
Haasenmühle kann man Geräte besichtigen, die früher zum Fischfang in den
hiesigen Bächen und Flüssen benutzt wurden.