Schleifkotten an der WupperIn Solingen regnet es häufig und daher ist es nicht verwunderlich, dass die Bachläufe in den Solinger Tälern, die von vielen Quellen und von diesen reichlichen Niederschlägen gespeist werden, schon zu früheren Zeiten eine billige und ideale Kraft zum Antrieb von Hämmern, Schleifkotten und Mühlen boten. Schon im Jahre 1922 beschrieb Franz Hendrichs in "Die Schleifkotten an der Wupper" die vorhandenen Schleifkotten an der Wupper. Eine Beschreibung der einzelnen Hämmer, Kotten und Mühlen an den Solinger Bachläufen erschien erst viel später. Beispielsweise veröffentlichte der Landschaftsverband Rheinland im Jahre 1990 im Arbeitsheft 33 eine Übersicht der Schleifkotten, Mühlen und Hämmer an den Solinger Bächen. Der Autor - Ludwig Lunkenheimer - geht hier explizit auf die Bauwerke ein, die nicht in der Beschreibung von Franz Hendrichs genannt wurden. Da der Balkhauser Kotten an der Wupper liegt und mir das Buch von Herrn Hendrichs vorliegt, gebe ich es jetzt hier in Ausschnitten wieder. Hinzugefügt habe ich eigene Fotos und Ausschnitte aus alten Landkarten, die den Text unterstützen mögen. Aus der Geschichte der Solinger Industrie, herausgegeben vom Verein für Technik und Industrie, Solingen. Bd. 1., Franz Hendrichs - Die Schleifkotten an der Wupper, Rheinland-Verlag zu Köln, 1922
Balkhauser Kotten
Abb.25: Balkhauser Kotten »Kurz ehe wir auf unserem Wege "ins 3. Balkhausen" kommen, zeigt sich in der Wupperwiese deutlich eine Furche, die auf einen früheren Ober- und Untergraben eines Unterbalkhauser Kottens schließen läßt. Näheres war darüber bisher freilich nicht festzustellen. Der Oberbalkhausener, jetzt einfach Balkhausener Kotten, liegt ziemlich weit oberhalb des Ersten Balkhausens. Abb. 25 zeigt uns eine auch heute noch bedeutende Doppelkottenanlage am Fuße des Pfaffenbergs.« Die Karte aus dem Jahre 1824 zeigt die Umgebung des Balkhauser Kottens 100 Jahre vor Hendrichs. Eingezeichnet ist nur die Doppelkottenanlage(15). Weiter können wir zwei kleine Inseln (Werthe) in der Wupper erkennen. Ob Hendrichs möglicherweise bei der rechten Insel seinen Unterbalkhauser Kotten vermutet, ist mir bisher nicht bekannt. (Nachtrag: Die Nummerierung der drei Höfe hat sich möglicherweise nach 1824 geändert. In einer späteren Karte fand ich das I. und III. Balkhausen vertauscht. Dann meinte Hendrichs die linke Insel und ich könnte seine Vermutung an Ort und Stelle nachvollziehen.) Vermutlich hat es um diese beiden Werthe im Jahre 1825 einen Rechtsstreit gegeben. Die Inseln wurden verkauft, aber ein Peter Ermertz zu Balkhausen meldete ein Erbpachtrecht auf zwei derselben in der Nähe des Balkhauser Kotten an, jede etwa 120 Ruten groß. [Otto Bauerman, Ein alter Rechtsstreit um kleine Wupper Werthe, in Die Heimat, 1956, Jg. 22, Nr.6, S.22] 15)2 Schl.K, 14)Glüder, 13)Strohn Die Streitereien haben aber ihren Ursprung im Jahre 1504. (Kurt Niederau, Anker und Schwert, Band 5, S.38) Damals verpachteten Lutter Wrede zu Hondschet und seine Ehefrau Else erblich ihr Gut Balkhausen und ihre in der herzoglichen bergischen Fischerei vor Hohenscheid gelegenen Wupperinseln [an Johann Fischer]. Wenn wir einen Blick in eine noch ältere Karte aus dem Jahre 1715 werfen, so fällt etwas anderes auf: links neben dem Doppelkotten ist noch ein Einzelkotten eingezeichnet. Bisher habe ich darüber noch nichts gefunden. »Das "Sohlinger Rhentmeisterey- Heebbuch" vom Jahre 1683/84 führt Wilhelm Lauterjung und Johan Meis in Oberbalkhausen zusammen mit einem Goldgulden 44 alb. und 8 Heller als abgabepflichtig auf. Während an derselben Stelle im Jahre 1806/07 wieder ein Wilhelm Lauterjung und ein Peter Meys erscheinen, die gemeinsam "jährlich 2 Reichstaler an Wasserkäntnuß" zu entrichten haben. Wie lange sich die heutigen Balkhauser Kotten schon im Betrieb befinden, ist nicht bekannt. Wenn wir genauer zusehen, vermögen wir indes leicht zu erkennen, daß wir es bei dem nächst dem Wasserrad befindlichen Teil des Innenkottens mit dem ältesten und wahrscheinlich mit einem recht alten Teil der Anlage zu tun haben. In Abb. 26 bedeckt das tief heruntergezogene Dach des neueren Hauptgebäudes zugleich diesen ursprünglichen alten Kotten mit. Das ist aber erst seit einigen Jahren der Fall. Noch vor den letzten Instandsetzungsarbeiten hatte dieser sein eigenes, nach beiden Seiten hin abfallendes kleines Dach.«
Was Hendrichs mit den letzten Instandsetzungsarbeiten meinte, zeigt
möglicherweise das folgende Foto, welches angeblich aus dem Jahre 1906
stammt. [aus J.Putsch, Vom Handwerk zur Fabrik, Solingen 1985, S.40] »Dieser niedrige Kottenteil ist aus Eichenpfosten und Riegeln errichtet, die Felder sind ausgetakt und mit Lehm verputzt. Bei der Anordnung der Pfosten ist auf das Einbringen der großen Schleifsteine Rücksicht genommen worden, das hier noch heute wie in alten Zeiten geschieht. Der Stein wird herangerollt, zur Seite gelegt, von dem etwas aufgeschichteten Boden außerhalb des Kotten in das Kotteninnere hineingeschoben, um dann auf den fast einen Meter tieferliegenden Fußboden hinabzugleiten. Zu diesem Zweck müssen die Schleifer freilich bei jedem "Hängen" eines Steines den in Betracht kommenden Teil der Kottenwand herausnehmen und nachher wieder einfügen: In dieser Zeit der fahrbaren Hebekrane ein recht zeitraubendes, umständliches und körperlich anstrengendes Arbeitsverfahren, das denn auch erfahrungsgemäß einen nicht geringen Durst auslöst. Abb. 27: Schleifer, den Ritzdraht aushämmernd Ist der Stein erst auf der im mittleren Teile vielfach noch vierkantigen Achse mit Holzkeilen kunstgerecht festgemacht, so beginnt das Abdrehen mittels einer starken Stahlstange. Das von Zeit zu Zeit notwendige werdende Schärfen des Steines geschieht beim stillstehnden Stein mit Hülfe eines doppelseitigen flachen und spitzen Hammers, des "Häckers", nachdem zuvor beim sich drehenden Stein durch Vorhalten eines Stückchen Kohle die am wenigsten abgenutzten Steinstellen gekennzeichnet worden sind. Um den Stein während des Laufens aufzurauhen, bedient sich der Schleifer durchweg des "Ritzdrahtes", eines mehrfach gewundenen Stahldrahtes, dessen Ende flach ausgehämmert wird (siehe Abb. 27), während das andere Ende zum Festhalten dient.
Abb. 28: Abgenutzte Schleifsteine Für die abgenutzten Schleifscheiben findet der Schleifer vielseitige Verwendung. So ermöglichen mehrere derselben aufgeschichtet, wie Abb. 25 im Vordergrund zeigt, ein Überschreiten des Wupperarmes oder sie dienen, wie in Abb. 28 ersichtlich, beim Wegebau zum Stützen der Böschung.« Ein Überschreiten des Wupperarmes ist heute nicht mehr möglich. Die Böschung mit den Schleifsteinen sieht heute so aus: Noch ein kleiner Einschub zur Geschichte. Möglicherweise ist dieser oder ein anderer Balckhauser Kotten im Heberegister des Burger Kellners Johann Bernhard Francken aus dem Jahre 1692 erwähnt. »Theiss Bürstgen und Johann Kullen (?) zu Balckhausen ist am 12. Decembris 1612 gnedigst erlaubt, in dem Balckhauser Wasser, so in demselben Graben mit einem rade gefangen wirdt, auch das Wasser, welches von andern Radern und Schleiffkotten herfleußt, zu gebrauchen, davon gibt izo Theiß zu Schlicken und sein Bruder Johan Jahrliches 3 Radermarcken.« Gefunden habe ich diesen Eintrag bei Wilhelm Engels und Paul Legers, Aus der Geschichte der Remscheider und Bergischen Werkzeug- und Eisen-Industrie, Remscheid, 1928, Band II, Seite 117f. Mit diesem Eintrag beschäftigte sich auch Julius Günther und veröffentlichte 3 Jahre später seine Sicht: Eine Nachricht vom Balkhauser Kotten aus dem Jahre 1612. Eine Frage am Rande: Könnte es sein, dass diese Erlaubnis aus dem Jahre 1612 keinen Schleifkotten konzessioniert, sondern die Erlaubnis zum Fischfang im Graben eines Schleifkottens und in dem Balckhauser Wasser? Nur so eine Überlegung. Herr Soter an der Papiermühle mußte auch für seinen Aalfang jahrelang Steuern zahlen. Fortsetzung der Beschreibung von Franz Hendrichs
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