Schleiferei Wipperkotten

Geschichte

Sicht vom Obergraben
Innenkotten
= Hinterwipperkotten
Außenkotten
= Vorderkotten

Die folgende Beschreibung stammt aus dem Jahre 1922:

» Der Hinterwipperkotten (Innenkotten, l.), wie er jetzt dasteht, ist neueren Ursprungs. Er ist im Jahre 1859 an der Stelle des 1858 abgebrannten Kottens errichtet worden. Aber auch der infolge seines verwitterten Äußeren recht ehrwürdig ausschauenden Vorderkotten (Außenkotten, r.) stellt keineswegs die Erstausführung an dieser Stelle dar. Nach zuverlässigen Nachrichten **) brannten beide Kotten 1783 ab und zwar dadurch, dass während der durch französische Banden herbeigeführten Unruhen ein Schuß das Strohdach eines der Kotten entzündete. Der nahegelegene, vom Weinsbergerbach angetriebene Schaafenkotten, sowie die Häuser des Ortes "in der Wippen", der jetzigen Wipperaue, fielen gleichzeitig diesem Brand zum Opfer.

Die älteste Ausführung dieser Kotten, die schon 1605 in den Nesselrather Pachtaufzeichnungen und entsprechend in der Karte von Plönnies 1715 angeführt werden, müssen wir uns viel kleiner als die jetzigen Gebäude vorstellen. Sie waren einstöckig, mit niedrigem Strohdach versehen und enthielten einen, höchstens zwei Arbeitsräume.

Karte: Ploennies 1715
Alte Karte - Quelle: Erich Philipp Ploennies, Topographia Ducatus Montani, 1715

Auch die Eigentumsverhältnisse der Kotten sind im Laufe der Jahrhunderte naturgemäß anders geworden. War ursprünglich der Erbauer und Meister in seinem Kotten und, wie wir gesehen haben, seinem Lehnsherren gegenüber zu einer jährlichen Pachtabgabe verpflichtet, so hat die Folge der Erbteilung einen Kottenanteilwirtschaft bis in die jetzige Zeit mit sich gebracht, die vielfach einen großen Kreis von Anteilseignern eines Kottens zusamenschließt und zwar gleichviel, ob diese das Schleifergewerbe selbst ausüben oder nicht. Schon im 17. Jahrhundert erfahren wir von Kottenanteilberechtigten, die dem Schleiferhandwerk nicht selbst angehörten und von Schleifern, die von diesen wiederum die einzelnen Schleifstellen gepachtet hatten. Die erwähnte Erbpachtabgabe hat sich in fast unveränderliche Weise bis ins 19. Jahrhundert hinein erhalten, bis Napoleon zusammen mit der Aufhebung der Zünfte derartige alte Lasten kurzer Hand durch eine einmalige Abfindung an seine Staatskasse ablösen ließ. Die alten Papiere, die noch über den Wipperkotten vorhanden sind, enthalten Namen, die mit dem Solinger Schleifergewerbe unzertrennlich geworden sind, u. a. August Knecht zu Kohlsberg, Abraham Grah, Everts, Daniel Schaaf und Daniel Witte zu Wippe, Lauterjung zu Vooskotten, Peter Kaymer zu Brand, Witte zu Leisiefen, Nathanael Witte zu Aue.

Heute gehört der Kotten zu 5/8 dem Schleifermeister Gustav Voos zu Haasenmühle, zu 2/8 Rütgers und zu 1/8 Carl Everts, während der Hinterwipperkotten seit 1921 in den Besitz des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerkes übergegangen ist.«

Quelle: Franz Hendrichs, Die Schleifkotten an der Wupper, Solingen 1922, S.21ff

Ein paar Anmerkungen zu Hendrichs:
Die Besitzverhältnisse haben sich wieder verändert.
Der Außenkotten gehört heute dem Förderverein Schleiferei Wipperkotten e.V., der Innenkotten ist seit 1954 im Besitz der Familie Rodenkirchen.
Im Außenkotten arbeiten auch heute noch Schleifer, der Innenkotten ist Wohnhaus, Designatelier, Künstlertreff und Museum.
Dass die beiden Wipperkotten in dem Nesselrather Heberegister aus dem Jahre 1605 tatsächlich genannt sind, kann ich bisher nicht nachvollziehen. Fakt ist, dass die Haasenmühle zu Nesselrath gehörte. Meiner Meinung nach liegen die im Hebebuch von 1605 genannten Kotten in dem Wupperabschnitt vom heutigen Obenrüdener Kotten bis zum Bielsteiner Kotten und am Strohner Bach.

Die Namensaufstellung - Knecht, Grah, Everts ... - fand ich in einem Dokument wieder, welches aus dem Jahre 1852 stammt.

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