Schleiferei WipperkottenGeschichte, deren Quellen und die Abwege1922 führt Franz Hendrichs als zuverlässige Quelle für den Brand im Wipperkotten und der Ortschaft 'In der Wippen' v.Mering, Geschichte der Burgen und Rittergüter u.s.f.IX. Band, S.165 an.
Der Titel der gedruckten Quelle lautet genaugenommen: Auf den Seiten 165 und 166 steht schwarz auf vergilbt: »Um nun zu den Ruinen der ehemaligen Burg Leysiefen zu gelangen, verfolgt man den Weg am Fluß herauf. Bald erscheint dann auf dem Thalstreifen jenseits das Doppelhaus "in der Aue". Dort muß der Waldstreifen, welcher den Abhang einfaßte, Ackerland Platz machen, welches sich ein wenig höher in ein Seitenthal herabzieht. Durch dieses eilt die Weinsberger Bach zum Flusse, nachdem sie mehreren Fruchtmühlen und Schleifkotten das nöthige Wasser gespendet hat. Drei Schleifkotten drängen sich noch zwischen den Fluß und die Öffnung des Thals, von welchen einer von der Bach in Bewegung gesetzt wird; etwas höher verbergen sich die Häuser des Ortes "in der Wippen" genannt, in dem engen Thale. Dieser wurde am 11. April 1783 von einem Unglücke schwer getroffen. Ein unvorsichtiger Schuß zündete das Strohdach auf einem der Schleifkotten an der Mündung des Thals. Der Wind trieb dann den Brennstoff auf die Häuser im Thale, die nebst vier Schleifkotten ein Raub der gierigen Flammen wurden. Gleich oberhalb den genannten Schleifmühlen vegetirt der aufrechte Sauerklee; etwas weiter zieht dann, von dem bewaldeten Abhange begrenzt, ein schmaler Wiesengrund an der Nordseite des Flusses herauf. Dieser wälzt zugleich einen Theil seiner Wellen über eine Schlacht oder Wehr. Dann öffnet sich an jener Seite das enge Thal von Meiswinkel und gleich oberhalb seiner Mündung sieht man die Schleifkotten "am Hohlenpuhl" genannt, am Flusse an den Berg gedrängt.« Der Autor beschreibt eine Wanderung auf der linken Seite der Wupper. Er hat gerade die Ruine Schloss Nesselrath passiert und schreitet weiter wupperaufwärts. Die nachfolgende Karte hilft etwas bei der Orientierung. Der 11. April 1783 als Unglückstag ist jetzt geklärt bzw. die Verantwortung konnte an eine andere historische Person übergeben werden. Die Antwort auf die Frage, wer den Hahn am Abzug betätigte und um welche Art von Schußgerät es sich gehandelt hat, bleibt der Freiherr von Mering uns schuldig. Woher mag Hendrichs seine Informationen über die von "..französischen Banden herbeigeführten Unruhen .." haben? Am 29. Januar 1955 steuert ein unbekannter Autor im Solinger Tageblatt unter der Überschrift 'Der Wipperkotten bleibt erhalten - Landeshochbauamt sprach sich für Reparatur des 350jährigen Bauwerks aus' folgende absurde Version bei: „Im Jahr 1808 zogen marodierende Truppen durch das Wuppertal und schossen das damals noch mit Stroh gedeckte Dach in Brand.“ 1968 schreibt Herbert Weber: „Die Wipper Kotten brannten 1783 beide ab, als sich die Strohdächer durch einen Schuß, den umherstreifende Franzosen abgefeuert hatten, entzündeten.“[4]
1990 glaubt jedenfalls
Lunkenheimer den Auslöser näher zu kennen, wenn er schreibt:
"Ursache dieses Brandes war ein Gewehrschuß französischer Banden in das
Strohdach eines der Kotten."
2002 macht sich die neue Rechtschreibung in der Form, nicht aber im Inhalt bemerkbar, wenn es in der Broschüre 'Der Wipperkotten in Solingen, Rheinische Kunststätten' auf Seite 2 wieder heißt: „Ausgelöst durch einen Gewehrschuss umherziehender französischer Truppen, der das Strohdach des Wipperkottens entzündete, brannten 1783 sowohl der Wipperkotten als auch der Schaafenkotten vollständig ab.“ Immerhin blieb der Autor seiner zuvor publizierten Version treu. Waren es nun Banden oder Truppen? Muss man doch nicht so genau nehmen - höre ich manchmal auf mein Nachfragen. In der Broschüre "solingen aktuell - oktober 2002" verschiebt die Redaktion den Brand mal eben ins Jahr 1793. Tippfehler oder war es ein geschickter Versuch, das Unglück näher in eine Zeit zu versetzen, in der französischen Soldaten im Bergischen Land anwesend waren? Jedenfalls folgte dem siebenjährigen Krieg (10. März 1763 zogen die Franzosen aus Düsseldorf heraus nach ihrem Vaterland zurück [1].) eine dreißigjährige Friedenszeit, in welcher das Bergische Land mächtig aufblühte [2]. Erst in der Nacht vom 5. zum 6. September 1795 überschritten französischen Soldaten erneut den Rhein [3].
Ich kann auch noch eine Lösung für die Brandfrage anbieten: Der Geschichte um das leicht entzündliche Strohdach wurde ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Am 21. Oktober 2003 erschien in der Solinger Morgenpost folgender Artikel: Da kopiert die Zeitung doch tatsächlich meine zitierte Passage aus Franz Hendrichs Buch aus dem Jahre 1922 inklusive meines Tippfehlers ohne jedwede Nennung von Quellen! Dies ist wahrlich keine ernstzunehmende Recherche, sondern blanker Pfusch. Scheinbar zählen nur gefüllte Zeilen (meine Kontonummer nenne ich auf Nachfrage gerne). Nicht einmal die Seite, die Sie derzeit lesen, wurde von dem unbekannten Verfasser aufgesucht. Wenn ich diese unprofessionelle Vorgehensweise nicht mit meinem Geld bezahlen müsste, würde diese mich sehr erheitern. Ich bin gespannt, welche Blüten dieser schmale Ausschnitt aus der Solinger Industriegeschichte noch treiben wird. 2006„Angeblich ausgelöst durch einen Gewehrschuss, der das Strohdach des Wipperkottens entzündet haben soll, brannten 1783 sowohl der Wipperkotten als auch der gleich nebenan am Weinsberger Bach gelegene Schaafenkotten vollständig ab.“[5] Man rudert zurück.
Literatur: Historisches Dokument
Nach dem Brand im Jahre 1783 wurden Kollektenbücher ausgestellt. Zwei Exemplare werden heute noch im Archiv der evangelischen Gemeinde Solingen aufbewahrt. Der erklärende Text, warum die Kirche eine Kollekte für die Opfer des Unglückes erlaubt, lautet:
»G.L. In einem Schleifkotten ist unglücklicherweise ein Feuer ausgebrochen ... Von Schusswaffen und Franzosen ist in diesem Dokument nicht die Rede. ©2003-2006 Michael Tettinger, Fr. 18.07.2003 - Sa. 18.11.2006 |