Schleifkotten an der Wupper |
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Der Schleifertumult in Untenfriedrichstal»Bei allem, was zwischen den Kaufleuten und Handwerkern an lohnpolitischen Gegensätzen stand, beide, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, hielten zusammen, wenn es um die Erhaltung von Arbeit und Brot ging. Das zeigte sich damals nicht nur in den gemeinsamen Vorschlägen, den Auswirkungen der märkisch-preußischen Zollpolitik zu begegnen, sondern auch an einem Zwischenfall am Untenfriedrichstaler Kotten. Dort hatte sich 1747 der Schleifer Johann Georg Ern den Kotten gebaut, und zu einem Wupperkotten gehört ein Deich, eine Schlacht. Er geriet in Kollision mit dem Inhaber des Fischereirechtes in der Wupper, dem Freiherren von Westerholt-Gysenberg, dem Haus Nesselrath gehörte. Dieser ließ die Schlacht einreißen. J. G. Ern fand Unterstützung bei der Schleiferzunft, und unter Führung von Vogt und Rat zogen viele Zunftbrüder aus und stellten die Schlacht wieder her. Als sie die Arbeit beendet hatten, feierten sie am Kotten ein Freudenfest. Der Freiherr sah die Trotzhandlung als Landfriedensbruch an und holte von Düsseldorf Soldaten herbei, um die Schlacht wieder zu zerstören. Auf Erns Hilferufe hin rückten die Handwerksbrüder erneut an, aber als sie die Soldaten am Kotten sahen, zogen sie ab. Vier Wochen lang dauerten die gerichtlichen Vernehmungen in Opladen und Burg und behinderten die Arbeit der Schleifer. Darüber beschwerte sich nicht nur die Schleiferzunft, sondern alle Solinger Zünfte, auch die privilegierte Kaufmannschaft. Die Handwerksprivilegien waren von dem Herren von Westerholt-Gysenberg verletzt, Solinger Handwerker an der Ausübung ihres Berufes gehindert worden. Energisch drangen die Solinger auf die ihnen vorenthaltene Bestätigung der Privilegien. Die Regierung ging auf dieses Verlangen insofern ein, als sie 1751 dem Vizekanzler Sibenius und den Obervogt Freiherr von Zweiffel mit der Untersuchung beauftragten, ob die Handwerks-Privilegien bestätigt werden könnten. Die Kommission begann mit der Arbeit, die sich aber als eine Daueraufgabe herausstellte und bis 1802 noch nicht beendet war. Die an den Vorgängen am Untenfriedrichstaler Kotten beteiligten Schleifer wurden 1753 zum Teil schwer bestraft. Indessen befindet sich, dass der Freiherr von Westerholt-Gysenberg auch nachgeben mußte; der Kotten ist wieder hergestellt worden, und ein Sohn des einst geschädigten Schleifers pachtete von dem Freiherren die Fischerei am Untenfriedrichstaler Kotten. Der Wirbel um die Kottenschlacht war also unnötig gewesen; es gab eine friedlichere Lösung. Zusammengefaßt bleibt die Erkenntnis, dass die Sicherung der Arbeit im Solinger Handwerk Vorrang hatte. Hierzu gehört auch der Vorgang von sieben Kaufleuten, die 1749 verhinderten, dass am Kirschberger Kotten, der in der Nähe der Grunenburg lag, eine Mühle angebaut wurde. Man wollte ihn im Notfall, d.h., wenn die Kotten auf den kleinen Bächen stillstanden, benutzen können. Der Kirschberger Kotten scheint verfallen gewesen zu sein. Auf ihn bezieht sich wohl die am 6.11.1756 erteilte Konzession, die den drei geschlossenen Handwerken zum Bau von zwei Kotten auf dem Land des Malteser-Ritterordens erteilt wurde.« Soweit das umfangreiche Zitat aus Heinz Rosenthal, Solingen - Geschichte einer Stadt, Band II, Duisburg 1977, Seite 143f.
Diverse Dinge fehlen und viele Fragen bleiben offen: Wann wurde das Wehr zum ersten Mal zerstört? Wann fand das
Freudenfest statt? (Warum habe ich jetzt Asterix und Obelix vor Augen?
Dazu passt auch der Name Freiherr von Zweifel; Ernix gegen Westerholdix:
Das grosse Wehr:-) Wurde die Schlacht ein weiteres Mal durch die
Soldaten zerstört? Warum und wie
wurden die Beteiligten schwer bestraft? Mussten sie in der Wupper baden?
Was hat dieser Vorfall mit den
angeblich den Solinger Handwerkern vorenthaltene Bestätigung der
Privilegien zu tun?
Mittlerweile habe ich etwas gefunden, worauf Rosenthal möglicherweise seine Geschichte aufbaut: Schleifertumult Anno 1750 Franz Hendrich führt weitere Urkunden an und schildert die Geschichte des Kottens etwas anders. Was mag stimmen? Bei seiner Beschreibung des Hohlenpuhler Kottens meint Hendrichs: Eine spätere Eintragung aus 1750/51 besagt, dass die Stauanlage, die "Schlacht" auch "Schlagt" oder endlich, wie es späterhin meist heißt, das "Wehr" zerstört worden sei und daher keine Abgaben mehr zu entrichten waren. Im Sohlinger Rhentmeisterey Hebbuch, Jülich-Berg, Amt Solingen heißt es 1750/51: "Joan Georg Erne und dessen Sohn. Dieser Kothen ist per demolitionem der Schlacht mit ruiniert und der Canon vermög clementissimi mandati vom 27. Febr. 1751 abgeschrieben." Besteht die Möglichkeit, dass sich Hendrichs hier mit der Zuordnung der Fundsache (Quelle: Staatsarchiv, Düsseldorf) vertan hat? Nicht der Hohenpuhler Kotten ist gemeint, sondern die von Rosenthal geschilderten Ereignisse rund um den Untenfriedrichstaler Kotten führten zu der Befreiung von der Abgabe. Oder meint Rosenthal den Hohlenpuhler Kotten? Der von Rosenthal genannte Name Johann Georg Ern kommt so nicht in der Urkunde von 1747 vor. Gibt es vielleicht 2 Urkunden? Ich erinnere daran, dass die beiden genannten Kotten(standorte) nicht weit voneinander entfernt liegen.
Wenn es so sein sollte, was stimmt dann noch? |
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©2002-2003 Michal tettinger »Mail, Mo. 12.08.2002, letzte Änderung: So. 30.05.2004 |