12.12.1969 - Freitag, fast wäre es ein 13ter geworden.Die erste Aufregung ist verraucht, ernüchternd betrachtet .... soll der Schaden nicht so groß sein, wie er ursprünglich vermutet wurde. Die bezahlten Berichterstatter schildern gerne die vorgefundenen Dinge etwas intensiver.. {Solinger Tageblatt} » Alles versuchen, um den Kotten wieder aufzubauen! "Nachdem wir uns hier an Ort und Stelle unterrichtet haben, scheint uns nach erster Inaugenscheinnahme ein Wiederaufbau des Balkhauser Kottens durchaus möglich. Nach den alarmierenden Nachrichten hatten wir uns zunächst alles schlimmer vorgestellt. Der Wiederaufbau hängt allerdings in erster Linie von schnellen Entschlüssen ab. Nach der Freigabe durch die Versicherung gilt es in erster Linie, unverzüglich neue Balken einzuziehen und ein Notdach zu errichten." Das erklärten uns gestern nachmittag Stadtdirektor i.R. Dörich und Klaus Weber vom Kuratorium Balkhauser Kotten an der Brandstelle, nachdem sich die Rauchwolken verzogen hatten und man die erheblichen Schäden im Inneren des fast ausgebrannten Gebäude besichtigen konnte. Die Außenmauern und Giebel stehen noch. Die Fensterrahmen sind zum größten Teil erhalten, während Dach und Treppenhaus eingestürzt sind. In der Mitte des Hauses scheint das Feuer ausgebrochen oder angelegt worden zu sein; keineswegs aber an einer der Arbeitsstellen etwa durch Überheizen eines Ofens, wo vorgestern nur ein Schleifer arbeitete. Denn sein Raum weist relativ die geringsten Brandschäden auf. Da die Kasse bis jetzt noch nicht gefunden wurde, liegt eine Brandstidftung z.Zt. noch im Bereich des Möglichen, womit der oder die Täter vielleicht ihre Spuren verwischen wollten. Nach Aussagen des Schleifers waren sechs bis sieben Liter Benzin im Hause, das die Arbeiter zum Reinigen benötigen. Zwei der beiden unteren Räume sind noch verhältnismäßig gut davongekommen. Ihre Decken hielten stand. Eine alte, wertvolle Öllampe, Leimpott, Bilder und ein paar Gerätschaften wurden von der Feuerwehr sichergestellt, ebenso die schmiedeeiserne Außenlaterne am hinteren Eingang. Auch das alte Wasserrad vor dem Kotten zur Straße hin blieb unbeschädigt. Wie es scheint, ebenfalls das große Laufwerk mit seinem Antriebsmechanismus. Das Obergeschoß wurde restlos zerstört. Bereits gestern nachmittag sicherte eine Kolonne des Bauamtes das gefährliche Gelände und versiegelte mit Querlatten Fenster und Eingang. Im Laufe des Tages wurde noch vorhandenes bewegliches Gut sichergestellt. Sicher ist, daß der Wiederaufbau vom Rat beschlossen werden muß, obwohl nach dem 1962 geschlossenen Vertrag die Stadt Solingen Eigentümerin des Grund und Bodens sowie des Kottens ist, während es dem Kuratorium Balkhauser Kotten zur Pflicht gemacht wurde, den Besitz zu pflegen und zu erhalten. Am kommenden Dienstagabend will sich die Verwaltungsspitze, wie uns Oberstadtdirektor Dr. Fischer versicherte, nach Klärung aller Voraussetzungen mit dem Kuratorium zusammensetzen, um die Frage des eventuellen Wiederaufbaues zu erörtern. Wesentlich dürfte dabei die Frage sein, ob die Versicherung einen Totalschaden anerkennt und in welcher Höhe sie entschädigen wird. Wie wir erfahren, hat der Initiator des damaligen Wiederaufbaus des Kottens, Architekt Wilhelm Klein (BDA), der seit einigen Jahren nach Lörrach verzogen ist, erklärt, daß er in den nächsten Tagen nach Solingen kommen will, um sich von dem Umfang der Beschädigung zu überzeugen. Der Schatzmeister des Kuratoriums Balkhauser Kotten, Sparkassendirektor Feldhusen, teilte uns auf Anfrage mit, daß in den Jahren 1968/69 400 Hefte -- eine Geschichte des Balkhauser Kottens von Oberstudienrat Rosenthal -- und 2366 Postkarten verkauft worden sind. Da bekanntlich in dem lebenden Schleifermuseum keinerlei Besucherkontrolle bestand, muß man damit rechnen, daß mindestens die Besucherzahl doppelt so hoch war. Es kommt hinzu, daß viele auswärtige Schulklassen, vornehmlich aus dem Ruhrgebiet, und Volkshochschulen das Museum unentgeltlich besucht haben.
Oberbürgermeister Dunkel, den wir erst heute vormittag erreichten,
erklärte uns, daß er gestern bei der Nachricht sehr erschüttert gewesen
sei. Seit Fazit lautet: "Wir sollten alles versuchen, um das
historische Gebäude wieder aufzubauen. Ich bin der Auffassung, daß das
bei gutem Willen gelingen wird." Er teilte uns ferner
erfreilicherweise mit, daß der Bund Deutscher Baumeister, Architekten
und Ingenieure bereits gestern abend spontan 200 DM für den Wiederaufbau
spendete. Die Auffassung des Oberbürgermeisters hinsichtlich eines
Wiederaufbaus ist insofern interessant, als auch Stimmen laut geworden
sind, künftig die ganze Liebe auf den einzigen, noch vollständig
erhalten Doppelkotten an der Wupper, den Wipperkotten, zu konzentrieren.
Nun, darüber könnte man sprechen, wenn keine Hoffnung mehr für den
Balkhauser Kotten vorhanden wäre.
In der Tageszeitung folgen noch zwei Fotos. Das eine zeigt einen Mann,
die Bildunterschrift lautet: Es steht fest: Brandstiftung am Balkhauser Kotten
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