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Kowloon in Hongkong Garküchen an der "Goldenen Meile"
Götter und Geister
Noch chinesischer als im Hongkonger Stadtteil Kowloon getht es wohl kaum
irgendwo auf dieser Welt zu.
Von Ingrid Ostheeren, Rheinische Post, Samstag, 18. März 2000 - Nr. 66
Schon beim Verlassen des grünweißen Fährschiffes "Lone Star" der Star
Ferries, die seit 1898 zwischen Hongkong Central und Kowloon hin und
her schippern, merkt man es: Es riecht nacht Asien. Typisch,
unverwechselbar ist dieses Geruchspotpourri aus Knoblauch, Schweiß,
verbranntem Fett, Ingwer, Sternanis, Weihrauch, alten Kleidern und
vergammelten Fisch. In Kowloons dichtbevölkerten Vierteln Yau Ma Tei und
Mong Kog lebt ein quirliges, schillerndes China: schmutzig, farbig,
spannend - abstoßend und anziehend zugleich. 96 Prozent der 6,8
Millionen Hongkonger sind Chinesen. Und unter dem Protektorat der Briten
blieb dieses China chinesischer als sein Mutterland selbst, wo die
Kulturrevolutionen Traditionen vernichtet haben.
In der Nathan Road, der "Goldenen Meile" von Kowloon, dröhnen
Doppeldeckerbusse vorbei an Läden mit Mode, Schmuck, Uhren, Kameras,
Elektronik und Kosmetik. Aus CD-Shops scheppert Techno. Reklametafeln
versperren den Blick zum Himmel.
Düfte machen den Mund wässerig: Überall in den Dai Pai Dongs, den
Garküchen, wird gekocht, gebraten, gesotten. Enten, Ferkel, Hühner und
rot glänzende Würste hängen in den Auslagen. In Körben und Gläsern werden
Langusten, Fische, Frösche, Schildkröten und Schlagen feilgeboten. Von
früh bis spät klappern die Ess-Stäbchen.
Winzige Spiegel über den Türen sollen Dämonen fernhalten. Auf Feng Shui,
die Lehre vom glückbringenden WInd (feng) und Wasser (shui) und der
ultimativen Lebensharmonie, stößt man auf Schritt und Tritt. Wie
Gruselkabinetts wirken die Apotheken in der Shanghai Street: getrocknete
Seepferdchen, Heuschrecken, Skorpione, Heuschrecken und Zirkaden,
Schildkrötenpanzer, Rhinozeroshörner, Ochen- und Tigerpenisse. Gegen die
Lehren der chinesischen Medizin hat der Tierschutz keine Chance.
Auf dem Vogelmarkt, wo Finken, Spatzen, Kanarienvögel und Papageien auf
Käufer warten, führen alte Männer in fein geschnitzten Holzkäfigen ihre
gefiederten Lieblinge an die Luft. Auf dem Jademarkt sind vom Rohling
bis zum edlen Schmuck alle Arten des kostbaren Steins erhältlich, denn
das Symbol von geistiger und körperlicher Vollkommenheit schützt vor
Unglück, Krankheiten und bösen Geistern. Von Altären und Gebetsschreinen
an den Straßen, aus den Geschäften und Wohnungen wabern zarte, duftende
Weihrauchschleicher himmelwärts, um die Götter gnädig zu stimmen.
Gottheiten gibt es in Hongkong der vielen Religionen wegen in großer
Anzahl: Affengötter, Erd- und Meeresgötter, Küchen-, Wasser- und
Kriegsgötter, Gottheiten für Reichtum, Gnade, Glück, Weisheit,
Gerechtigkeit und für ein langes Leben. Es gibt einen Gott für
Polizisten, für Fischer, Philosophen und Piraten. Die Hierachie der
Götter wirkt wie ein gewaltiges Sicherheitsnetz, durch das bei einigem
Know-how niemand fallen kann. Gebete, Rituale und Opfergaben, denn sie
bringen gutes "joss", ein Schicksal, das es gut meint.
Inmitten der brodelnden Geschäftigkeit liegt eine Insel meditativer
Ruhe. Im Tempel des Wong Tai Sin, des Gottes mit dem gnädigen Herzen,
werden die vielfältigen Götter in allen Familien- und
Berufsangelegenheit befragt. Speziell bei Pferdewetten, die in Hongkong
besonders beliebt sind, werden dem Gott wahre Wunder nachgesagt.
Hunderte von Räucherstäbchen verströmen beißenden Qualm über dem
Tempelareal. In den Feuerschreinen wird für die toten Verwandten
Geistergeld in dicken Bündel verbrannt. Mit Glücksstäbchen aus Bambus
klappernd befragen viele das Orakel. In engen Buden hatlen wahrsager und
Handlöser ihre Sprechstunden ab. Für umgerechnet fünf Mark verraten sie
auch dem Gweilo, dem langnasigen Fremden, was die Zukunft bringt.
Wie bei uns Scherben, bringen im abergläubischen China Zahlen wegen
ihrer Klang-Assoziationen Glück. Autoschilder mit den begehrtesten
Einzel- und Doppelzahlen werden von der Behörde versteigert: Über eine
Million Mark brachte die "8" - sie bedeutet "reich" -, die ein
Geschäftsman ersteigerte. Das Autoschild behält man sein Leben lang.
Dann geht es an die Behörde zurück. Glück ist nicht vererbbar, jeder
muß es selbst erwerben.
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Hongkong-Informationen
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Flug - Hongkong wird von zahlreichen Fluggesellschaften
angeflogen, oft mit Zwischenstopps. Cathay Pacific zum Beispiel startet
täglich ab Frankfurt am Main (nonstop). Der Preis für das
Rückflug-Ticket liegt bei etwa 1000 DM.
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Weitere Auskünft - Allgemeine Auskünfte zum Reiseziel Hongonk
gibt die Hongkong Tourist Association, Humboldstraße 94, 60318
Frankfurt/Main, Telefon 069/9591290. Fax: 069/5978050. Internet: www.hkta.org/german/index.html
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Kommentar
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Es fällt mir nicht leicht diesen Ausführungen zu folgen. Vielleicht
liegt es auch an der Reisezeit oder meiner unsensiblen Nase. Gibt es
Spatzen in Hongkong? Einige Erfahrungen fielen bestimmt meiner kurzen
Aufenthaltsdauer zum Opfer. Wieso beginnt der Artikel mit dem Verlassen
des Fährschiffes? In bin mit dem Flugzeug gekommen! Das Fährschiff kann
man nur dann verlassen, wenn man schon zuvor in die asiatische Umgebung
eingetaucht ist.
Nathan Road? Eher langweilig, verlassen sie diese Strasse und erforschen
sie die Seitenstrassen. Dort zeigt sich das vielleicht wahre Gesicht
dieser Stadt - nein: aber eine andere Realität als das bekannte Bild.
In diesen Nebenstrassen brodelt
nicht das Leben, es findet ebenfalls statt. Und etwas anders, als wir es gewöhnt
sind. Ein Urteil über diese Art der Lebensweise steht mir nicht zu. Mich
würde ein Reisebericht eines Einheimischen in die Düsseldorfer Altstadt
sehr interessieren.
Je länger ich über diesen Artikel nachdenke, umso mehr frage ich mich,
ob die Autorin jemals dort gewesen ist. Oder wurde der Artikel von
eifrigen Lektoren auf das gewünschte Mass zurechtgestutzt? Dröhnende
Doppeldeckerbusse? Unsinn! Garküchen auf der Nathan Road? Vielleicht vor
ein paar Jahren, aber heute fallen eher Personen mit Handies auf.
Ich muss meine eigenen Gedanken noch einmal zu "Papier" bringen. Auf der
einen Seite ist Hongkong eine Stadt, die mit der Zeit geht. Die
Anhäufung der High-Tech-Bauwerke in jedweder Colouer spiegelt es wieder.
Keine europäische Stadt kann es damit aufnehmen. Es gibt aber auch
keine Stadt, in der ich in so kurzer Zeit diesen ganzen Unsinn verlassen
kann und in eine Welt eintauche, die nichts mit unserer modernen
Zeit zu tun hat. Zur Verdeutlichung: Eben noch in einem Supermarkt,
Sekunden später halte ich mich auf einem Bauernhof auf, der eine
Hausschlachtung betreibt.
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