Sa. 12.10.2002
Schock
Nicht nur 3 Millionen Balinesen können es nicht begreifen. Die schlimmsten
Bombenanschläge in der Geschichte Indonesiens haben in
der Nacht zum Sonntag auf der Ferieninsel Bali mehr als
180 Menschen in den Tod gerissen. Agenturmeldungen berichten übereinstimmend
über Bombendetonationen vor dem Sari-Club, der Padi-Bar in Kuta und dem US-Konsulat in
Denpasar.
Hier ein Bericht aus Bali von Markus Niesen (13.10.2002, 21:59),
nachzulesen im indonesien-forum.de
"Om Swastiastu!
Ziemlich genau 24 Stunden nach dem verheerenden Bombenanschlag in Bali habe ich zum ersten Mal etwas Zeit und Ruhe, um die Geschehnisse der letzten Nacht Revue passieren zu lassen.
In dieser kurzen Zusammenfassung wird es aber weder die letzten Gerüchte, noch die neuesten Bilder vom Unglücksort geben. Ich will mir einfach ein paar Gedanken von der Seele schreiben, in der Hoffnung, dass mir dies hilft, das Erlebte besser zu verarbeiten.
Zum Verständnis vorweg: ich bin kein Augenzeuge ('saksi mata') der Explosion! Als die Bomben hochgingen, habe ich tief und fest geschlafen. Für mich war es wieder einmal ein Anruf mitten in der Nacht, der mich grausam in die Realität zurückgeholt hat.
Von einer Minute zur anderen steht das Handy nicht mehr still und Dutzende von Emails gehen im Sekundentakt ein. Als Herausgeber des Bali Update und Betreiber einer der wichtigsten Webseiten für englisch-sprachige Nachrichten aus Bali sind wir natürlich DER Ansprechpartner für Nachrichtenagenturen aus aller Welt, die keine eigenen Korrespondenten vor Ort haben.
So haben wir umgehend mit der Erstellung von zwei Artikeln für unsere eigene Webseite begonnen, um den größten Teil der Anfragen erst einmal darauf verweisen zu können. In der Folgezeit haben wir nach unzähligen Telefonaten mit den zuständigen Behörden und den Augenzeugen die Stories immer wieder aktualisiert und mit neuen Erkenntnissen angereichert.
Relativ schnell und noch mitten in der Nacht gingen auch die ersten Hilferufe aus den Krankenhäusern ein. Die Situation spitzte sich sehr schnell zu und es mangelte so ziemlich an allem, was man sich nur denken kann. So haben wir nur 3,5 Stunden nach der Explosion bereits den ersten Aufruf zur Blutspende an unsere Adressliste aus balinesischen Firmen und den hier lebenden Ausländern verschickt.
Danach dann die klassische Routinearbeit eines Reiseveranstalters: ein Fax an alle Hotels, die unsere Kunden beherbergen, um erstens Hilfe anzubieten und zweitens ein Lebenszeichen zu erhalten. Alle für diesen Tag geplanten Touren absagen, um möglichst viele Fahrzeuge für Hilfeleistungen zu haben.
Sämtliche Mitarbeiter am Sonntag (!) ins Büro beordern, um die große Anzahl der Email-Anfragen und Telefonanrufe zu beantworten. Zusätzliche Handies an alle Mitarbeiter ausgeben, um die Kommunikation auch bei einem völlig überlasteten Telefonnetz aufrecht zu erhalten.
Gegen Morgen werden die Bitten der Krankenhäuser dann immer aufwändiger und wir lassen
unsere Beziehungen spielen, um Unmögliches möglich zu machen: Eine Putzkolonne aus
mindestens 20 Mitarbeitern von einem 5-Sterne Hotel ordern, um ein Krankenhaus wieder
halbwegs begehbar zu machen. Zusätzliche Decken und Bettlaken bei anderen Hotels beschaffen,
um die vielen Toten und Verletzten vernünftig bedecken zu können. Industriekühlschränke
nach Tanjung Benoa beordern, da die wenigen Kühlkästen der Krankenhäuser zur Aufbewahrung
der Toten bei weitem nicht ausreichen. Übersetzungshilfe in Krankenhäusern leisten,
um wenigstens die Basiskommunikation zwischen einheimischen Ärzten und Pflegern
und ausländischen Touristen sicherzustellen. Die Liste liesse sich noch endlos fortführen!
So ganz nebenher kümmern wir uns dann noch in unzähligen Telefonaten um unsere eigenen Kunden und um die Kunden anderer Agenturen. Wir beschaffen Telefonnummern, erläutern die Situation am Flughafen, wir beruhigen oder hören einfach nur zu, wir kümmern uns um alternative Unterkünfte im Osten der Insel oder versuchen - für einen einzigen Kunden - einen früheren Abflug von Bali zu erreichen.
Unser Team arbeitet routiniert und gelassen und ich ertappe mich mehr als einmal dabei, wie ich einem Kollegen anerkennend auf die Schulter klopfe. Unsere Arbeit wird aber auch durch die Ruhe und Besonnenheit der anrufenden Touristen erleichtert. Niemand ist in Panik, alle betrachten die Situation eher neutral und es gibt keine Massenhysterie.
Ich bringe Sabine am späten Vormittag zum Flughafen, weil sie für eine Nacht nach Singapur ausreisen muss. Vor der Abflughalle gibt es zwar eine lange Warteschlange, aber auch hier läuft alles ruhig und sachlich ab. Ich habe nicht den Eindruck, dass hier Touristen in Panik die Insel verlassen. Alle, mit denen ich gesprochen habe, zeigten sich zwar zutiefst schockiert von den Ereignissen, waren aber nur auf ihrer ganz normal geplanten Heimreise.
Am Nachmittag dann die große Pressekonferenz für die internationalen Medien, an der ich als Mitarbeiter von balidiscovery.com auch teilnehme. Die Veranstaltung ist eher langweilig: eine kurze Ansprache des Gouverneurs, genau zwei Fragen von anwesenden Journalisten und schon nach 10 Minuten verlagert man sich in bereitstehende Busse, um zum Unglücksort zu fahren.
Die Anfahrt nach Kuta ist länger als gewohnt, weil unzählige Schaulustige ebenfalls zum 'Ground Sari' wollen. Zum ersten Mal an diesem Tag habe ich das Gefühl, dass man durch weiträumige Absperrungen, ein generelles Parkverbot am Straßenrand und rigoroses Abweisen von offensichtlichen Gaffern etwas weit besser hätte organisieren können.
Wir erreichen die Legian-Street und gehen an Tausenden von Schaulustigen direkt bis zum Umglücksort vor. Als 'akkreditierte' Journalisten passieren wir alle Absperrungen und haben Zugang zu allen Bereichen.
Eine ganze Flut von Bildern stürzt auf mich ein und brennt sich für alle Zeiten unauslöschlich in mein Gehirn.
Ich habe unzählige Bilder vom Unglücksort vorab gesehen, aber die wahren Ausmaße der Zerstörung übertreffen meine schlimmsten Erwartungen bei weitem. Schon bei der Annäherung an die Szenerie suchten meine Augen ständig nach dem markanten Schild des Sari-Clubs: es ist nichts, aber auch gar nichts mehr da! Stattdessen überall Trümmer und Splitter, seltsam verbogene und ausgebrannte Autos, ein Elektrizitätsmast mit einem einzigen großen Knoten aus Kabeln und ein riesiger Krater mitten in der Straße. Ein Bomben-Team aus Surabaya untersucht nur wenige Meter von mir entfernt die Überreste der Fahrzeuge. Ich selbst stehe minutenlang nur kopfschüttelnd und schweigend in der Gegend herum und versuche dabei nicht im Weg zu sein und die Ermittlungen zu behindern.
Ein Cocktail der Emotionen explodiert in mir und eine seltsame Mischung aus Gefühlen wie Wut, Trauer, Hass, Fassungslosigkeit und Rachegelüsten wechselt sich in rasender Folge nacheinander ab. Eine Gehirnhälfte versucht immer wieder zu suggerieren, dass dies alles nur ein Traum sein kann. Die andere Hälfte offenbart allerdings nur das traurige Bewusstsein einer verdammten Wirklichkeit.
Wie in Trance folge ich den Kollegen zurück zum Bus. Ich gehe mitten über die Legian-Street und werde mir dabei bewusst, dass dies wahrscheinlich das einzige Mal in meinem Leben ist, dass mir hier niemand 'fake watches', 'magic mushrooms', 'young girls' oder irgendwelche Timeshare-Angebote anbietet.
Ich überfliege die Gesichter der mir nun entgegenkommenden Schaulustigen: das unvergleichliche und unbekümmerte Lachen ist aus den Gesichtern der Balinesen verschwunden und ich habe zum ersten Mal an diesem Tag das Gefühl, dass hier nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Leider erahne ich dabei auch, dass dieses bezaubernde Lachen auch nicht mehr so schnell zurückkommen wird.
Nur wenige Meter weiter kommt jedoch ein ganz anderes und völlig neues Gefühl in mir hoch: ich schaue in Hunderte Augenpaare, die zu dem groß gewachsenen weißen Ausländer aufschauen. Sie alle sprechen die gleiche Sprache und zeigen neben einer großen eigenen Betroffenheit auch ein unglaubliches Mitgefühl mit mir, dem vermeintlichen Touristen. Die Augen faszinieren mich mit jedem Schritt mehr und mehr. Sie strahlen eine Wärme aus, die es spielend schafft, dass nun nicht mehr vorhandene Lächeln vergessen zu machen. Mir wird schlagartig wieder bewusst, warum ich in diesem Teil der Erde so gerne lebe: Die Menschen um mich herum geben und gaben mir immer das Gefühl, dass alles irgendwie gut werden wird.
Etwas später sitze ich im Bus und seltsamerweise geht es mir plötzlich - den Umständen entsprechend - ausgesprochen gut. Es sind zwar nur wenige Minuten vergangen, seitdem ich im absoluten Chaos stand, aber die wieder gewonnene Gewissheit nach wie vor zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, verbessert meine Laune immens.
Mit neuem Elan gehen wir an Rest des Tages heran: eine Kleinigkeit essen, kurz nach Hause, um zu duschen, weitere Interviews mit der internationalen Presse und dann gleich weiter im Dienste der vielen Opfer. Gerade in dieser schwierigen Zeit zeigt mir Bali wieder einmal seinen unvergleichlichen Charme und ich bin froh, dass ich an einem solchem Tag hier sein darf.
Om Canti Canti Canti om ..."
In stiller Trauer.
11.9. und nun 12.10.?! Was mag am 13.11. passieren?
Sa. 06.07.2002
Geringfügige Änderungen
Nichts weltbewegendes. Ein paar Rückmeldungen zum Maharta Beach Resort
wurden eingepflegt und diverse Macken einiger Browser berücksichtigt.
Fr. 01.03.2002
Endgültiges Ende der DM - Neue Flughafengebühr
Wer Bali von dem Flugplatz Denpasar in internationale Gebiete
verlassen möchte, der wird ab dem
1. März 2002 mit Rp. 100.000 (ca. 10 US Dollar) zur Kasse gebeten. (33
Prozent mehr) Ob das nun Flughafensteuer oder Servicegebühr genannt
wird, es spielt keine Rolle. Diese Summe muss beim Abflug vorhanden sein.
(Bei nationalen Flügen sind Rp. 15.000 zu entrichten)
So. 24.02.2002
Strand weg
Unter dieser Überschrift erschien am 16.2.2002 eine kurze Reisenotiz in
der taz:
«Der bei Urlaubern aus aller Welt beliebte Strand von
Kuta auf Bali wird immer kleiner. Die Wellen haben schon die Hälfte des
bekannten Sandstrandes auf der indonesischen Ferieninsel fortgewaschen,
wie ein Behördensprecher am Montag sagte. Verantwortlich dafür sei der
Bau des nahe gelegenen Flughafens Ngurah, erklärte Tjok Bagus Budiana
vom Strandschutzprojekt. Dadurch habe sich der Verlauf der Wellen in
dem Gebiet um Kuta geändert. AFP»
Schon im Dezember wurde diese Problematik im Bali-Info-Forum
angesprochen. Bernd R. veröffentlichte einen Link auf ein
Studien-Projekt der Murdoch University in Perth, welches sich mit der
Erosion in der Bucht von Kuta genauer
auseinandersetzt. Fazit: Das Problem ist nicht neu.
Do. 21.02.2002
Pura Uluwatu von einem Blitz getroffen
In den frühen Morgenstunden des 13ten Februar 2002 wurde dieser
wichtige Tempel für Bali durch einen
Blitzeinschlag teilweise beschädigt. Nein, es war kein Freitag. Der
Mittwoch mußte diesmal herhalten. >> mehr.
Pura Uluwatu liegt auf dem südwestlichsten Zipfel der Insel Bali. Ein
felsiges Plateau erhebt sich hier bis zu 100 m senkrecht aus
dem Ozean. Der Tempel, der am Rande der Klippe erbaut wurde, soll Bali
vor den bösen Dämonen, die bekannterweise im Meer hausen, bewahren. Er ist Dewi Danu,
der Schutzgöttin des Meeres, geweiht. Am 24.10.1995 brannte schon einmal
ein größerer Teil des Tempel ab. Damals wurde er wieder aufgebaut,
selbstverständlich größer und schöner. Und so wird es auch heute sein.
Bis zum 18. Februar, dem vorgesehenen Tag des Wiederaufbaues, finden hier
noch wichtige Feiern statt. Normalerweise findet hier am 14. Tag nach
Galungan (Bali-Kalender, Pawukon) ein großes Festival statt. Ansonsten soll
der Tempel verlassen und nur von einer einsamen, aber aggressiven
Affenherde bewohnt sein. Ob dieses Jahr Galungan genau auf dieses
elektrisierendes Ereignis fiel? Wer weiss es?
Ich habe da eine Vermutung;-) (Wenn ich mich nicht verrechnet habe, so fällt
Galungan dieses Jahr auf den 24. April 2002.)
So. 10.02.2002
Schweinemaske --
Das Bild ist ein Geschenk einer meiner aufmerksamsten Leserinnen. Das
Original der Abbildung in derzeit in Basel im Museum der Kulturen zu besichtigen.
Nachtrag:
Die Baustelle Pura Ulun Danu Bratan ist beseitigt.
Das Postkartenmotiv soll wieder in schönster Blüte den Fotografen zur
Verfügung stehen.