Niems Postkartenverlag, Wuppertal-Elberfeld

Müngsten

Berührungspunkt der Städte Solingen, Wuppertal und Remscheid

Aus vergilbten Zeitungsbeständen, das Solinger Kreis-Intelligenzblatt aus dem Jahre 1873 in verkürzter Form:

Eine Wallfahrt nach Müngsten

Am 22. Juni machte eine Anzahl Solinger eine andächtige Wanderung durch den Tempel der Natur, indem sie sich durch die 25gradige Hitze im Schatten nicht abhalten ließen, den Schmuck desselben näher zu betrachten und einzelne Teile zu bewundern.

Die Gesellschaft hatte sich im östlichen Teile der Stadt gesammelt. Dann wanderte sie über die Stätte, wo bis über das Jahr 1800 hinaus das Kämpchens Thor stand, welches in alter Zeit den Namen "Breidbacher Pforte" führte. hierauf lenkte sie in die Felder Straße ein, an deren Eingang sich zur Rechten das Zandersche Haus erhebt. Aus diesem ist ein reformierter Pastor Bäumer gebürtig, dessen Vater einst ein Jahr lang als Bürgermeister regierte. Eine Schwester lebte aber in demselben, welche mit dem Physikus Dr. Zanders verheiratet war, der 1807 starb.

Forstmann und Löh

Eine Strecke weiter erhob sich zur Linken das Gebäude, welches bis in die neueste Zeit die Wohnung der lutherischen Pfarrer war. Hier lebte von 1733 bis 1759 der Pastor Johann Forstmann, einer bergischen Gelehrtenfamilie angehörig. Später wirkte hier von 1785 bis 1802 Johann Löh, der als Mathematiker bemüht war, populäre Astronomie unter dem Volke zu verbreiten sowie zum Studium der Naturwissenschaften überhaupt anzuregen.

Auf dem Talboden angekommen, hatte sie das bekannte Haus "Zur Hippe" vor sich. Früher hieß diese Niederung "Brühl", welches eine nasse, mit Gesträuch versehene Wiese bezeichnet. Später führte sie den speziellen Namen "Felder Brühl", welcher gegen Südwesten an den Grundbesitz der Malteser-Ritter grenzte.

Endlich kommen sie nach Meigen. Der Ort nimmt in der Kulturgeschichte der Pfarrei Solingen eine bevorzugte Stellung ein. Der erste Ansiedler wurde von den Quellen des Tales angezogen.

Die hiesigen Einwohner und die der Nachbarschaft waren schon früh darauf bedacht, ihre Kinder nicht wie das wilde Holz aufwachsen zu lassen.

Sie machten daher einen Kontrakt mit einem Wilhelm Wolfertz, ihre 30 Kinder zu unterrichten. Da aber später nicht alle ihrem Versprechen nachkamen, so klagte dieser "Schuldiener zu Eigen" deswegen im Jahre 1696 beim Konsistorium.

Von Meigen aus folgten die Wanderer der Straße bis auf die luftige Feldhöhe. Man hat diese Hochfläche schon in alter Zeit mit dem Namen "Windhövel", d.h. Windhügel, bezeichnet. Der Name ist seitdem verballhornt worden und findet sich im Namen des Hofes Windfeln.

Der Hof war der Wohnsitz eines gleichnamigen adeligen Geschlechtes, welches zur Zeit des bergischen Grafen Heinrich 1225 bis 1247 zuerst auftritt.

Die Hexe "Mutte"

Der Feldweg führt zum Abhange, welcher sich in das Flußtal abdacht. An der Krümmung der uralten Straße, einem Hohlweg, von Solingen nach Remscheid wurde Eulswaag erreicht, ein Gehöft auf dem Abhange, von einer Feldflur umgeben. Die Sage berichtet von einem grausamen Justizmord, den der Aberglaube an einer früheren Bewohnerin von Eulswaag begangen habe.

Sie erzählt nämlich, eine gewisse Frau namens "Mutte" sei der Hexerei bezichtigt worden. Sie habe eine Zeitlang auf dem Ohliger Tor gesessen und sei später verbrannt worden. Man habe ihr z.B. vorgeworfen, den Schleifern im Kirschberger Kotten das Öl ausgetrunken zu haben und einmal in einer Milchmulde über den Kottenteich gefahren zu sein.

Grunenburg-Sage

Weiter talabwärts findet sich unterhalb der Fruchtmühle an der Grunenburg ein kleiner Hügel, von dem die Ortschaft ihren Namen führen mag, denn in seinem Grunde findet sich ein altes Burggemäuer. Dieses mag schon viele Jahrhunderte alt sein.

Die Sage berichtet von dieser Stätte, hier habe früher eine Burg gestanden, deren Kapelle zu Müngsten an der Nordseite des Baches gewesen sei. Die Burg sei von einem Junker von Opladen oder Gelhausen besessen worden, der den ersten Kreuzzug nach Palästina mitgemacht habe. Im Jahre 1369 schenkte der Priester Tillmann, Johanniter zu Burg, von der Grunenburg eine Rente von dreieinhalb Mark, ferner Einkünfte vom Gut Windhövel, zum Altare des Evangelisten Johannes zu Radevormwald.

Der reformierte Kirchenvorstand zu Rade gab das Gut 1684 in Erbpacht, worauf im Jahre 1811 die zwei damaligen Bewohner, Abraham Theegarten und Wilhelm Hermes, die darauf haftende Geldsumme ablösten.

Der Morsbach, um das Jahr 1550 "Maesbach" genannt, mündete hier in Müngsten in die Wupper und scheidet die Pfarreien Cronenberg und Remscheid. In früheren Zeiten bildete er hier eine Strecke weit die Grenze des alten Deutzer Gaues.

Dieser Bach erinnert an Godert (Gottfried Kettler, Ritter vom Goldenen Vließ), welcher 1511 mit Sybilla von Nesselrod das Schloß Nesselrath erheiratete und 1552 starb. Er besaß nämlich die Fischerei an dem Bach auf der Cronenberger Seite, während der Landesherr darin auf der Südseite fischen ließ. Das Amt Elberfeld, wozu auch Cronenberg gehörte, war ihm früher verpfändet worden, woher diese Berechtigung rührte. Daher kam es auch, daß er im Jahre 1527 dem bekannten Adolf Clarenbach, als einem Neuerer auf dem Gebiet der kirchlichen Lehre, verbot, zu Cronenberg noch ferner zu predigen.

Auf der Südseite des Baches ruht das alte Müngsten. Hier wurde im Jahre 1594 die 20. reformierte Synode im Haus des Kirchenältesten Andreas Müngsthausen gehalten, worauf in den Jahren 1599 am 4. Oktober und 1602 am 15. Juli die 28. und 32. hier folgten.

Budde und Ovenius

Ein Pastor Simon Budde besaß im Jahre 1599 ein Gut. Er machte sich um das Reformationswesen verdient. Im Jahre 1615 nahm er den Ruf nach Gräfrath an. Da er aber dort häufig verfolgt wurde, zog er in sein hiesiges Haus und versah von hier aus sein Dienst. Er starb hierselbst im Jahre 1630.

Von hier hat auch eine Familie den Namen, die schon vor 1600 in Solingen ansässig war. So wurde dort ein Peter Müngsten im Jahre 1597 Bürgermeister. Ein Clemens, der am Weyersberg wohnte, erhielt 1603 den Dienst als Kirchenmeister.

Später betrat der Cronenberger Pastor Johann Ovenius (1693 bis 1749) diesen Ort zuweilen. Dieser war ein ausgezeichneter Redner und gehörte zu seiner Zeit zu den gelehrtesten Predigern im Bergischen. Er starb 1754, 84 Jahre alt, zu Solingen im Fronhofe bei seiner Tochter, der Bürgermeisterin Knecht.

Müngsten liegt in einer romantischen Umgebung, größtenteils von mehr oder weniger bebuschten Höhen umgeben.

Hier zog das Institut zur Erholung die Wanderer an. Sie mußten nämlich den Verlust ersetzen, welchen ihr Körper seit der Mittagsstunde an festen und flüssigen Teilen erlitten hatte.

Wie neugeboren wanderte man nach einiger Zeit wieder auf das Westufer des Flusses zurück. Da sahen sie im Fluß eine Menge Fische: Ellritzen, Barben, Barsche, Rotaugen und Hechte.

Nun wurde der Rückweg angetreten. Man folgte der schönen Landstraße, die über den Abhang aufwärts führt. Sie wurde 1845 begonnen, und 1847 war sie schon bis Windfeln hinaufgeführt.

Auf der Höhe angekommen, lag die Heimat vor ihnen, erkennbar an den hohen Kaminen, die gleich Ausrufungszeichen den Blick der Fremden auf sich ziehen, um ihnen zu sagen: Hier wohnen die Leute, die nicht ohne Eisen, Stahl und Feuer leben können. Sie sind unentbehrlich, um Werkzeuge zu machen, mit welchen die Christen des Erdballs ihre Liebe gegeneinander bezeigen, um sich zuweilen gegenseitig das Blut abzapfen zu können und dadurch eher zum Genusse der himmlischen Herrlichkeiten zu verhelfen!

.. soweit das Solinger Kreis-Intelligenzblatt. Inwieweit die genannten Fakten Bestand haben .. eben nur eine Sekundärquelle.

©2006 Michael Tettinger, Sa. 21.01.2006, letzte Änderung: Sa. 21.01.2006