Schleifkotten an der Wupper
Kirschberger Kotten - Elektrizitäts-Werk

Den Anfang machte die Wupper

Zur Geschichte der Stromversorgung in Solingen

Foto: Wehr 2002

1959 wurde ein Beitrag von Georg Hautzel zu diesem Thema in Anker und Schwert veröffentlicht:
"Das Bergische Electricitätswerk"

» Solingens elektrischer Strom beginnt bei einem anderen Strom, dem Solingen zum großen Teil seine Existenz verdankt, dem fleißigen Wupperfluß, der schon seit Hunderten von Jahren tagaus, tagein Schleifkotten und Hammerwerke trieb. Ein solcher Kotten, der Kirschbaumer Kotten bei Müngsten an der Wupper, gehörte der Firma Robert Paffrath Wwe. Sie war 1840 gegründet, betrieb 18 große Schleifsteine und verfügte über ein Wuppergefälle von 10 Fuß, das größte in der Umgebung. 1896 war dieser Betrieb Familieneigentum. Mit Gustav Paffrath, einem der drei Söhne der Wwe. Robert Paffrath, war Gustav Hermann Broch befreundet, der eine Kniep-Schlägerei in der Gerichtsstraße besaß und sogar Abnehmer für seine Rohware in der Steiermark hatte. Die Ware wurde dort an Ort und Stelle weiterbearbeitet, und Broch besuchte einmal im Jahr seine steiermärkischen Kunden zur Abrechnung.

Als er eines Tages wieder einmal nach Solingen heimgekehrt war, konnte er seinem Freund Gustav Paffrath etwas Merkwürdiges berichten. Er hatte nämlich gesehen, daß dort die Schleifkotten auf eine neue, in Solingen unbekannte Art, und zwar elektrisch angetrieben wurden. Eine Riemenscheibe, so erzählte er, drehe sich fast geräuschlos und schnell an einem topfähnlichen Gebilde, das in einer Ecke stehe und nur wenig Platz einnehme. "Das Electrische" würde über Drähte geleitet und aus Wasser hergestellt, und das könne er, Paffrath, in seinem Kirschbaumer Kotten doch auch.

Diese Nachricht muß bei Gustav Paffrath geradezu "electrisch" gezündet haben. Er hielt mit seinen Brüdern Karl und Robert jun. einen Familienrat ab, sie ließen sich von der "Gesellschaft für Electrische Unternehmungen" (Gesfürel) und der "Union-Electricitäts-Gesellschaft" (der späteren AEG) in Berlin beraten, und am 3.4.1896 konnten das "Solinger Kreis-Intelligenzblatt" Folgendes berichten:

»Die Electricität im Dienste der Solinger Industrie:
Bisher ist in unserer Stadt die Electricität, die vielseitigste Naturkraft, die sich der Mensch bisher dienstbar gemacht hat, meist nur für Telegrahie, Telephonie und kleinere Beleuchtungsanlagen verwendet worden. In nächster Zeit, voraussichtlich noch in diesem Jahre, werden in unserer Stadt zwei große Anlagen zur Ausnutzung des electrischen Stromes entstehen. Schon hat die Union-Electricitäts-Gesellschaft Berlin mit den Vorarbeiten zum Bau einer electrischen Bahn begonnen, und gleichzeitig werden die Vorarbeiten für eine Kraftübertragungsanlage mittels electrischen Stromes eifrig gefördert. Die Firma Robert Paffrath Wwe. wird an der ihr gehörigen Wasserkraft an der Wupper neben dem städtischen Wasserwerk eine Kraftstation zur Erzeugung electrischen Stromes in großem Maßstabe errichten und den dort erzeugten electrischen Strom an die in unserer Stadt so weit verzweigte Industrie als eine billige und sehr bequeme Betriebskraft abgeben -

Später mehr ..........

Das Ergebnis:

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Alter Briefkopf - BEW - Bergisches Elektrizitäts Werk
 

Das Bergische Elektrizitäts-Werk (BEW, 1.7.1898), welches Kraftstrom an Solinger Abnehmer lieferte. Kraftstrom? Ja genau, es gab auch noch Lichtstrom, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte. Und wer Kraftstrom zu Beleuchtungszwecken nutzte, der durfte sehr bald mit einer Abmahnung rechnen.

Wo kämen wir denn hin, wenn nach getaner Arbeit die elektrische Hilfskraft nicht mehr den Schleifstein treibt, sondern eine Glühlampe erhellt? Frevel! Glauben sie diese Geschichte?

Foto: BEW, Datum unbekant
 

©2002 Michael Tettinger, Mo. 09.09.2002, letzte Änderung: Di. 05.11.2002
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