Schleifkotten an der Wupper - Hohlenpuhler Kotten |
||
Die Rheinische Post berichtete am 12.4.1950 mit einem etwas längeren Artikel über die Geschichte des Hohlepuhler Kottens: 300jährige Schleifertradition schwindetAbschied vom Hohlepuhler Kotten - Ein NachrufRheinische Post vom 12.4.1950Es wird demontiert. Aber nicht nur die Besatzungsmächte demontieren. Stets ist ein anderer dabei, ein eigentlich Unbekannter, da man ihn mit leiblich Augen nicht sehen kann. Trotzdem tut er sein Werk, und er verrichtet es schon seit Bestehen der Welt. Das Foto - entnommen dem Zeitungsartikel - zeigt NICHT den Hohlepuhler Kotten. Es ist der Wipperkotten, der nur ein paar Meter weiter stromabwärts liegt. Es ist die Zeit selbst. Sie läßt das Alte fallen, um irgendeinem neuen Werden Platz zu machen. Nur weniges können die Menschen aus diesem unaufhörlichen Prozeß retten. Was gerettet wird, wandert ins Museum oder wird Baudenkmal. In unserer Heimat ist besonders in den letzten Jahrzehnten manch ehrwürdiges Bauwerk der Demontage der Zeit zum Opfer gefallen, was in Anbetracht der großen Verluste durch den Krieg um so schmerzlicher ist. Und es geht weiter. So verschwinden in diesen Tagen fast unbemerkt in den Wupperbergen zwei uralte, bergische Arbeitsstätten: Der Balkhauser und der Hohlepuhler Kotten. Dieweil der Balkhauser Kotten systematisch abgetragen wird, wird der Hohlepuhler Kotten dem langsam nagenden Zahn der Zeit überlassen. Er ist jetzt in das letzte Stadium eingetreten. Der Spaziergänger, der in diesen Frühlingstagen seine Schritte nach Wipperaue lenkt, wird mit Erschrecken das Gerippe wahrnehmen, zu dem der einstmals so malerische Kotten geworden ist. 300 Jahre altMit dem Bauwerk verfällt ein echtes Stück bergischer Geschichte. Man schätzt sein Alter auf mindestens dreihundert Jahre. Das Baujahr ist allerdings unbekannt. Auch weiß man nicht, was die Erbauer bewogen hat, den Kotten gerade auf diesem bautechnisch ungünstigen Gelände zu errichten. Mitten in den Fels hinein ist das Hintergebäude gebaut, obwohl wenige hundert Meter wupperaufwärts genügend freier Platz vorhanden gewesen wäre. Man nimmt an, daß von dem Felsen am Kotten die Steine für das große Stauwehr gebrochen worden sind, wodurch von selbst ein freier Platz entstand und größere Transporte vermieden wurden. Die erste Nachricht, die uns vom dem Hohlepuhler Kotten überliefert ist, stammt aus dem Jahre 1683. Sie besagt, daß die Inhaber 1 1/2 Goldgulden für Wassergerechtsame an die Rentmeisterei abzugeben hätten. Diese an sich ungerechtfertigten Abgaben, die an das Haus Nesselrath gezahlt werden mußten, wurden durch eine großzügige Verfügung Napoleons zur Zeit der französischen Besatzung aufgehoben. Aber nach dem Abmarsch der der napoleonischen Truppen erkannte das Haus Nesselrath die Order nicht mehr an und forderte die Heimarbeiter auf, ihren Abgabepflichten wieder nachzukommen. In den Erzählungen der alten Schleifer ist bewahrt, daß daraufhin die Kotteninhaber den Rentmeister aufforderten, persönlich zu erscheinen, um das Geld einzuholen. Nicht weniger groß war bei der Ankunft die Verwunderung und die Angst des Rentmeisters, denn statt des Geldes hatten die Schleifer den "Ohrtspohn" in der Hand, mit dem sie ihm auf bedrohliche Weise ihre andersartige Meinung begreiflich zu machen wußten. 1858 angebranntNatürlich hat der Kotten im Laufe der Jahrhunderte sein ursprüngliches Gesicht nicht behalten. Durch Anbauten und Brandfälle änderte sich der Umriß. Der letzte große Brand war im Jahre 1858, wodurch das ganze Hinterhaus zerstört wurde. Die damaligen Besitzer aber ließen den Schaden schnell wieder beheben. Eine Blütezeit erlebte der Kotten zeitbedingt während des Deutsch-Französischen Krieges. Damals trat ein Lehrlingsbedarf auf, der aus der Umgebung nicht mehr gedeckt werden konnte, so daß man schließlich Westerwalder Bauersöhne anwarb. Diese jungen Schleifer verließen jedoch nach der Lehrzeit wieder das Bergische Land, mit dessen Arbeitsweise sie sich nicht recht anfreunden konnten, und kehrten in die Heimat zurück. Verfall in den WeltkriegenBereits mit dem ersten Weltkrieg begann der allmählige Verfall der Arbeitsstätte. Zeitweise hatte sie fünfundzwanzig Eigentümer, wodurch keine Reparaturen, die ja nur ganz einheitlich durchgeführt werden konnten, zustandekamen. Denn so viele Köpfe, so viel Meinungen. Nach dem ersten Weltkrieg kam noch einmal ein kleiner Aufschwung, der aber durch den Ausbruch des letzten Krieges wieder zunichte gemacht wurde. Diebstähle, Hochwasser, Unwetter, Unachtsamkeit der Heimarbeiter und die böswillige Zerstörung von Jugendlichen setzten dem Kotten schwer zu. Als nach dem Waffenstillstand auch noch Ausländer einzogen, die die eine Hälfte des Gebäudes zum Wohnen, die andere zur Feuerung und Kleinbauerausrüstung benutzten, war über das Schicksal des Hohlepuhler Kottens endgültig entschieden. Aber noch hielten sich einige Heimarbeiter in den leergewordenen Räumen. Erst als vor wenigen Jahren die Achse des großen Wasserrades brach, zogen auch sie ab und richteten sich einige elektrische Werkstätten ein. Nun wurde der Kotten Freibeute aller zerstörerischen Kräfte, die ungehindert wirken konnten, da keinermehr Interesse an ihm zeigte. So kam es zu dem Stand von heute: Eine traurige Ruine grüßt den Wanderer. Der hastende Großstadtmensch zuckt mit den Schultern und meint: Alles ist vergänglich. Das aber kann den Heimatfreund über die leise Wehmut nicht hinweghelfen, die ihn überkommt, wenn er resigniert feststellen muß, daß wieder einmal ein erinnerungsbeladenes Gebäude der Heimat niedergefallen ist. Nur noch einige überkommene Bilder erzählen von dem uralten, schönen Kottern, der einst am Hohlepuhl an der Wupper stand. --dt.
Der nächste Zeitungsartikel stammt ebenfalls aus dem Jahr 1950 >>Solinger Tageblatt - Das Ende des Hohlepuhler Kottens |
||
©2002 Michael Tettinger, Mo. 20.05.2002, letzte Änderung: Sa. 10.08.2002 |