Kistenfabrik

Zu Beginn der Szene sitzt der Fabrikarbeiter an der linken Seite der Wand auf einem Holzstapel.

Fabrikarbeiter

Ja, die kamen immer am Solinger Hauptbahnhof. Kamen halt die Meldungen (gibt Geräusche wie aus einem Lautsprecher von sich. Dann steigt er von dem Stapel herunter und besorgt sich ein Brett.) und dann wurden halt die Waggons mit ´ner kleinen Rangierlok (imitiert mit dem Brett eine Pleulstange und macht dazu Geräusche wie eine Dampflok) hier bei uns angeliefert. Das war sicherlich aus heutiger Sicht unvorstellbar (hebt das Brett wie ein Gabelstapler in die Höhe), anfangs gab´s auch noch keinen Gabelstapler (lässt das Brett fallen und fängt es mit seinen Armbeugen auf). Wenn ein Waggon mit Rundhölzern kam wurde das zu Fuß abgeladen. Das war also schon recht abenteuerlich. Und dat ging dann auch wenn dann die ersten Schnittholzwaggons kamen mussten also die Bretter einzeln vom Waggon runtergetragen werden (legt sich das Brett auf die Schulter und bringt es nach links zu einem Holzstapel. Dort legt er es dann ab. Er bleibt dann vor dem Stapel stehen). Das ist heute unvorstellbar, diese Vorstellung. Ich glaub, dann gingen die alle direkt nach Hause, ja. Also, es war schon alles etwas schwieriger damals als heute.


Wenn ich mich recht entsinne, dann waren das Waggons, mit Rungen (holt sich noch ein Brett von dem selben Stapel wie davor), die oben mit Ketten quer verspannt waren (drückt das Holzbrett durch). Wenn man oben die Kette öffnete, ging auch auf der einen Seite die Rolle runter (lässt das Holzbrett auf dem Boden hüpfen und hält es dabei weiter fest). Da musste man halt gucken (stellt das Brett aufrecht hin und versucht es auszubalancieren). Die Stämme waren alle auf ne Länge von, sagen wir mal drei Meter abgekürzt .Da ging´s also darum, zu schauen, dass die auch in die richtige Richtung runterkullerten (hebt das Brett über seinen Kopf und imitiert damit den Propeller eines Hubschraubers). Die halt nich in der richtigen Richtung lagen, da gab´s halt irgendwelche Werkzeuge wo man an den Kopfenden der Stämme so´n Ding dann reinhauen konnte. Dann wurden die per Hand dahin transportiert wo sie hingehörten (bringt das Brett zu dem selben Stapel wie davor und bleibt davor stehen).


Wir hatten auch ein Pferd dabei (nimmt sich ein neues Brett von einem Stapel auf der rechten Seite und läuft darauf sitzend nach rechts). Damit wurde also Brennholz verteilt (nimmt das Brett in die Hände und imitiert eine Säge). Der hatte also son Wagen dahinter und dann fuhr der so durch die Gegend („reitet“ mit dem Brett wieder zur rechten Seite) und brachte die Abschnitte, die bei der Produktion anfielen, hat der durch die Gegend gekarrt. Das war so Anfang bis Mitte der 50-er Jahre (steigt von dem Brett herunter und hält es vor seinen Körper). Und unser Pferdekutscher war so´n sehr beliebter Mensch, weil der mit seinem Pferd dann jedes Jahr den St. Martinszug angeführt hat (beginnt, sich mit dem Brett einmal im Halbkreis nach links zu drehen, als ob er das Tor einer Pferdekoppel schließen würde). Ja und dann gabs dann wirklich hier auf dem Gelände einen Pferdestall wo unser Pferdchen stand. Unvorstellbar (bringt das Brett auf den rechten Stapel).


Und dann war 1952 natürlich, war et Spektakulärste (holt sich von dem linken Holzstapel zwei Bretter und stellt sie zwischen Dach und Boden auf. Dann schüttelt er beide gleichzeitig hin und her). Da is die Kistenfabrik abgebrannt. Und dat muss, gegen Abend, am Nachmittag muss dat entstanden sein, jedenfalls, et war noch hell. Und da kam plötzlich ´ne fürchterlich große Wolke. Der Wind, der muß von Osten gekommen sein und der kam zu uns rüber. Eine Wahnsinns-Wolke. Und da haben wa alle gedacht: OOOHHH! Dat sind die Wagons. Zug in Brand geraten, oder irgend so was. Da war wat los (holt sich von dem rechten Stapel ein neues Holzbrett und imitiert damit eine Feuerwehrspritze). De ganze Nacht bis zum andern Tag hat dat immer wieder angefangen zu brennen. Dat Sägemehl, ja? Dat, dat kriegten se nich gelöscht (legt das Brett auf den Boden)....hat man mir später gesagt.


Während er noch leise vor sich hin redet, geht er an dem Publikum vorbei und verschwindet Richtung Fabrik.

©2006 Michael Tettinger, Sa. 16.09.2006, letzte Änderung: Sa. 16.09.2006