Werther Kotten

Schleifkotten an der Wupper - Werther Kotten


Einleitung

Dieses Bauwerk gehört eigentlich nicht in die Aufzählung der Solinger Kotten an der Wupper, denn der Werther Kotten stand nicht auf Solinger sondern auf Cronenberger Gebiet. Lassen wir dennoch Franz Hendrichs zu Worte kommen. Denken Sie bitte daran, folgender Text erschien 1922:

Neuerdings ist zwischen Papiermühle und dem wupperaufwärts liegenden Kohlfurth nach der Cronenberger Seite hin wieder Leben erwacht, das mit der grauen Vorzeit einige Ähnlichkeit aufweist. Man sieht den Köhler emsig bei der Arbeit - sehr zum Schaden der Wälder -, um im Kohlenmeiler Holzkohle zu gewinnen, und an anderen Stellen wird wie schon in früheren Jahrhunderten von fachkundiger siegerländer Hand im Stollenbau nach Eisenerzen gefahndet.

Auf halbem Weg nach Kohlfurth hin, am Fuße des Hügels, von dem Schulkohlfurth zur steil sich erhebenden Hasseldelle hinübersieht, finden wir noch Reste einer größeren Anlage, des Wertherkottens, der aus einem ausgedehnten Schleifkotten und zwei kleineren Hammerwerken bestanden hat. Früher hieß der Kotten "der Kotten am Werth". Werth bedeutet Insel. Es darf daher angenommen werden, daß bei der Anlage eine natürlich vorhanden gewesene Wupperinsel vorteilhaft Verwendung gefunden hat. Die beiden Hammerwerke stammen aus dem Jahre 1694; sie wurden unter Beteiligung des Hammerschmiedes Peter Schimmelbusch errichtet, der den Miteigentümern die Verpflichtung auferlegte, ausschließlich Klingen für das Solinger Schwerthandwerk zu recken.

Seit 1757 sind die Hämmer in dem Besitz der Familie von Steinen zu Obenkohlfurth gewesen und von da ab zum Recken von Stahl für Messer und Scheren benutzt worden. Einer dieser Hämmer ist heute noch vorhanden und gelegentlich in Betrieb, während der andere im Laufe der Zeit baufällig geworden und 1915 ganz verschwunden ist.

Der Schleifkotten wurde erst 1853 von Lebrecht von den Steinen erbaut. Es stellte sich aber heraus, daß die Wupper, zumal bei kleinem Wasser, für den gleichzeitigen Antrieb der beiden Hammerwerke und des Schleifkottens nicht ausreichte. Die Folge war ein häufiges Stillsetzen des letzteren. Um dies zu verhüten, wurde 1863 eine 25-pferdige Dampfmaschine von der Barmer Maschinenfabrik Albert Wever eingebaut. Die Einrichtung war so getroffen, daß Wasserrad und Dampfmaschine sowohl einzeln als auch zusammen auf eine Welle arbeiten konnten. Während das Wasserrad stets lief, wurde die Dampfmaschine nur zur Hülfe genommen, wenn das Wasser nicht ausreichte. Auf diese Weise war der Kotten besonders leistungsfähig geworden, er setzte etwas 14 große Schleifsteine in Bewegung und beschäftigte in zwei Stockwerken und einem Dachgeschoß durchweg 60 Schleifer. Im Allgemeinen wurden hier Cronenberger Erzeugnisse wie Stiefeleisen, Bügel u. dgl. geschliffen, später indes auch Messer, zumal Rasiermesser.

Der Kotten, der 1864 an die Familie Tesche zu Obenkohlfurth überging, brannte infolge Selbstentzündung im Jahre 1912 ab. Im Jahre darauf wurde der allein übrig gebliebene, einsame Schornstein unter lebhafter Teilnahme weiter Bevölkerungskreise gesprengt. Die Wassergerechtsame dieses Kottens, sowie des verfallenen Hammers hat seitdem Otto Jagenberg, Papiermühle erworben.

Soweit der Text, der vor über 80 Jahren verfasst wurde. Was mag heute noch von dem Beschriebenen zutreffen, in der Natur erkennbar sein?

Ende Januar 2006 machte ich mich erstmals auf den Weg. Das Ziel: Die Wüstung Werther Kotten. Was werde ich vor Ort finden?

Standortvermerk im Geoportal der Stadt Solingen

Das Gegenwärtige

Schleifstein mit einem Messingschild, Aufschrift: Wupperverband :: Gruppenklärwerk Kohlfurth
Dekorativer Schleifstein vor dem defekten Eingangstor des Gruppenklärwerks Kohlfurth

Vermutlich ist dies der letzte verbliebene Rest: Ein Schleifsteinfragment, das als Schildträger herhalten darf.

Vergleicht man altes und gegenwärtiges Kartenmaterial, so dürfte das westliche Gelände des Klärwerkes Kohlfurth die Wüstung Werther Kotten überdecken.

Die bei Hendrichs angesprochene Sprengung des Schornsteines fand vermutlich am 9. April 1915 durch Kölner Pioniere statt. Ich fand dazu folgenden Beitrag: Bergische Arbeiterstimme 10. April 1915

[ Einleitung ]
©2006-2020 Michael Tettinger, Sa. 28.01.2006, letzte Änderung: Fr. 11.12.2020