Schleiferei Wipperkotten

Parkplatz

Für die Massen der Besucher gibt es einen kleinen, aber feinen Parkplatz.

Parkplatz Wipperkotten

Mit entbehrlichen Schleifsteinen wurde hier die Böschung befestigt. Man erhält umgehend einen Eindruck von dem, worum es hier gehen könnte. Wer glaubt, es handele sich sich um kleine Schleifsteine, dem zeige ich hier ein Vergleichsbild.

Parkplatz Wipperkotten mit abrenzenden Schleifsteinen

175 cm, eben der derzeitige, normale Mitteleuropäer. Noch immer habe ich die Frage nicht geklärt, woher diese Steine stammen, welches Gewicht sie haben und warum sie in dieser Größe ausrangiert wurden. Oder ist das alles nur Dekoration? Scheinbar ja, nach Auskunft eines Schleifers handelt es sich bei diesen Steinen um Mühlsteine.

Totaler Unsinn: Es handelt sich in der Tat um Schleifsteine aus Sandstein. Als Verursacher der todbringenden Silikose ausgemacht, wurde der Einsatz von Schleifsteinen aus Natursandstein Anfang des 20. Jahrhunderts polizeilich verboten. Es dauerte seine Zeit, bis sich dieses Verbot durchsetzte. Lieferanten der Solinger Schleifereibetriebe blieben irgendwann auf den vorsorglich bestellten Steinen sitzen, stapelten die Steine in ihren Lagern und vergaßen sie. Auf diese Weise kam die Familie Rodenkirchen um 1975 zu diesen runden, steinernen Relikten aus vergangenen Schleifertagen. Die Solinger Firma Wilhelm Eickhorn - Schleifsteinlieferant - wurde aufgelöst, mit ihr eine ansehnliche Zahl von nicht mehr kaufmännisch nutzbaren Schleifsteinen aus Sandstein. Mit Hilfe des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Solingen wurden die Steine kurzerhand entsorgt und wenige Zeit später am Wipperkotten aufgestellt. (Der Schenkungsvertrag für diese Steine zugunsten HaKaRo ist auf den 10. April 1974 datiert.)

Parkplatz Wipperkotten, begrenzt durch meterhohe Schleifsteine

Apropos Herkunft der Schleifsteine; zu diesem Thema habe ich mittlerweile auch etwas gefunden, nicht speziell zu diesen Steinen, eher etwas Allgemeines:

Schleifsteine

Die großen, in den Wupperkotten gebräuchlichen Schleifsteine aus Sandstein stammen in der Regel aus der Eifel und zwar aus der Umgebung von Gerolstein. Als Zweitlieferant diente der Pfälzer Wald. Der Eifeler Stein hat eine rötliche Färbung, während der aus dem Pfälzer Wald bezogene Stein eher eine helle Farbe hatte. Die Schleifsteine hatten einen Durchmesser von ungefähr 2,20  Metern und eine Dicke von 30 Zentimetern.

Das Verkeilen eines neuen Steines auf der Achse war wegen des hohen Gewichtes eine Aufgabe, an der alle im Kotten arbeitenden Schleifer mitarbeiten mussten. An alten Steinen, die heute als Gartenzierde benutzt werden, kann man diese großen Achslöcher der Steine noch sehen. Man kann sich leicht vorstellen, dass das Abladen, Rollen, Hieven, Verkeilen und Auswuchten eines neuen Steines nur mit Hilfe vieler Personen geschehen konnte; die Solidargemeinschaft der Schleifer war eben gefragt! Der Einbau eines neuen Steines war immer etwas Besonderes. Anlässlich dieses Ereignisses wurde eine Flasche geleert und gelegentlich auch ein Foto mit der gesamten Kottenbelegschaft gemacht.

Die Schleifer kauften die Steine nicht direkt beim Hersteller in der Eifel oder im Pfälzer Wald, sondern bei einem Zwischenhändler in Solingen. Beispielsweise belieferte die Firma Lauterjung zahlreiche Wupperkotten nicht nur mit Steinen, sondern auch mit vielen anderen Ausrüstungsgegenständen.

Alter Krahnen, erbaut 1554 bis 1559, bis 1911 in Betrieb und verlud vornehmlichst Mühlsteine Vor dem Bau der Eisenbahn nach Solingen wurden die Steine vom Produktionsort aus mit Pferdekarren an den Rhein transportiert und von dort zum Rheindorfer Hitdorfer Hafen verschifft.
Eine bekannte Verladestelle für Sandsteine war am alten Kran in Andernach. In Rheindorf Hitdorf wurden die Steine wieder auf Pferdekarren verladen und in mühseliger Fahrt die Wupper hinauf zu den Käufern gebracht.

Nachdem die Steine auf ca. 1,10 m heruntergeschliffen und als große Nass-Steine unbrauchbar geworden waren, wurden sie geteilt und anschließend auf kleinere Schleifstellen montiert, wo sie weiterverwendet werden konnten. Die Teilung der Steine war nicht ungefährlich; der Erfolg hing sowohl von der Geschicklichkeit des Arbeiters als auch von dem Naturwuchs des Steines ab. Zunächst wurde der laufende Stein in der Mitte mit dem Ritzeisen eingekerbt. Anschließend setzte der Fachmann Keile in die so entstandene Kerbe und spannte diese durch Nachtreiben so an, dass sich der Stein bei gleichmäßigem Naturwuchs genau halbierte. Hatte die Arbeit Erfolg, war das Geld für zwei neue Steine eingespart.

Quellen:
  • Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Industriemuseum: Wanderwege zur Industriegeschichte, Band 2, Auf den Spuren der Solinger Schleifer. Köln 1992
  • Viola Rodenkirchen, E-Mail 2005
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©2001-2005 Michael Tettinger, Mo. 14.05.2001 - letzte Änderung: Di. 01.02.2005