Schleiferei Wipperkotten

Innenkotten

Fundsachen: RP-Online vom 19.08.2000, 07:30

Ein alter Kotten macht kreativ

LEICHLINGEN (RP). Nach seinem Lieblingswerk gefragt, stutzt Hanskarl Rodenkirchen nur kurz. Unerwartet kommt dann: "Dieses Haus" und er deutet auf den Wipperkotten an der Grenze von Leichlingen zu Solingen. Dessen hervorragender Zustand ist sein Werk, unterstützt von seiner Frau. "In einer Mietskaserne könnte ich nicht schöpferisch denken", weiß der Mann, der nächstes Jahr seinen 75. Geburtstag feiert, aber nicht an vollständigen Ruhestand denkt. Nur der Zwang ist weg, seit er vor zwei Jahren beschloss, nur noch zu Arbeiten, wenn er den Drang danach verspürt.

Am Herzen liege ihm auch eine Siebdruck-Serie, die er vor Jahren begann, zu deren Fertigstellung aber die Zeit fehlte. Jetzt hat er sie. Hanskarl Rodenkirchen war immer seiner Zeit voraus. Das hat ihm manches erschwert. Er war Designer für Gebrauchsgegenstände, als man das Wort Design in Deutschland noch nicht benutzte. Für Solinger Firmen entwarf er Bestecke, die es mit denen moderner und teuer gehandelter Star-Designer aufnehmen können.

Es war nicht leicht, die konservativen Geschäftsleute Anfang der 60er Jahre von solch schlichten und funktionalen Formen zu überzeugen. Mit vielen seiner Ideen stieß der Erfinder der "Löffelgabel" und eines Hähnchen-Essbestecks auf Unverständnis. Da musste er Zugeständnisse an den Auftraggeber machen, um die Familie ernähren und das Haus restaurieren zu können.

Den Behörden getrotzt

Auch darin war er der Zeit voraus. Als Student an den Kölner Werksschulen hatte er den Wipperkotten 1954 als billige Unterkunft entdeckt. Dann drohte der Abriss, und Rodenkirchen begann seinen ersten erbitterten Kampf mit den Behörden, dem der Einsatz für die Renaturierung der Wupper folgte. Er schaffte es. Heute ist man dankbar für den Erhalt und die stilgerechte Herrichtung des Kottens.

Mühlsteine erbettelt

Gemauert hat er selbst, den Fußboden mit kleinen Mühlsteinen ausgelegt, die er sich bei Schleifern in der Umgebung erbettelte und zu Fuß in sein Haus schaffte. In Leichlingen wurde er in den 80er Jahren gar zum Hausbesetzer, um ein Fachwerkhaus in der Gartenstraße vor der Abrissbirne zu retten, allerdings erfolglos.

Als Designer schuf er modern geformte Gläser. Er entwarf Firmenlogos, Fenster für Kirchen, Abendmahlsgeräte, baute gar einen Altar. Und er ist Schöpfer der Leichlinger Ratsglocke, auf die er schrieb: auch mit Worten sparen. Hang zu schlichten geometrischen Formen, zu Buchstaben, doppelte Wortbedeutungen und hintersinnige oder philosophische Überlegungen prägen sein grafisches Werk.

Von MONIKA KLEIN

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