die Wupper Seitenende

So. 24.03.2002

Die Wupper - Mündung

Ein netter Fluss im Bergischen Land. Bekannt durch den Spruch: „Über die Wupper gehen....

Heute (24.3.2002) setzt der Fluss diesem Ansinnen ein natürliches Ende. (Stromkilometer 703, Rheindorf, Leverkusen)

Wuppermündung

Ausnahmsweise ist hier mal keiner über die Wupper gegangen, sondern die Wupper über etwas - ihre Ufer.

Die Wupperquerung ist nicht erreichbar....

Eine Art Stillstand ist eingetreten. Die Wassermassen der Wupper treffen hier auf die des Rheines. Derzeit keine Chance, da letztgenannter Verkehrsweg stärker ansteigt.

Zum Vergleich: 2 Monate später sieht es hier etwas anders aus

Wupperbruecke an der Mündung

Bemerkenswert an diesem Bild ist noch etwas ganz anderes. Als ich vor zwei Monaten den ersten Text zu dieser Seite schrieb, da zitierte ich den Spruch „Über die Wupper gehen“. Was fand ich heute auf einem Schild in unmittelbarer Umgebung der Brücke?

Bild: Schild an der Brücke, Erklärung zu dem bekannten Spruch Über die Wupper gehen
Stopp, kleine Verschnaufspause! Bedenken Sie, was Sie tun oder getan haben. Die Brücke bringt Menschen über die Wupper – im wahrsten Wortsinne. Würde man das Sprichwort „Über die Wupper gehen“ in seiner heutigen Bedeutung verstehen, wäre das viel dramatischer. Aus dem ursprünglichen Sinn "sich aus dem Staub machen" wurde in jüngerer Zeit die flapsige Bemerkung für sterben.

Die Wurzeln des uralten Sprichwortes liegen etwas 50 Kilometer flussaufwärts bei Barmen, heute eine Stadtteil von Wuppertal. Die Wupper war hier Grenzfluss. Der Volksmund hat den Spruch in der Zeit des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. (1713 – 1740) geprägt. Der schickte Soldatenwerber in die Grafschaft Mark aus, um dort junge Männer gewaltsam für seine Truppe zu rekrutieren. Diese flüchteten „über die Wupper“ in das angrenzende Herzogtum Berg. Dort fanden sie in Barmen Unterschlupf.

Die Barmer freuten sich über den sprunghaften Zuwachs gesunder und kräftiger junger Männer. Sie trugen im 18. Jahrhundert als Arbeitskräfte in den Manufakturen zur Blüte der Stadt bei. Auf der anderen Flußseite, im märkischen Schwelm, beklagte man bitter den Verlust der Männer.

Rund 250 Jahre später gab es eine ähnliche Flucht, das Ziel war diesmal Berlin. Mir ist nicht bekannt, dass es ein passendes Sprichwort gibt. Und ob die „Wehrunwilligen“ zur Blüte unserer neuen Hauptstadt beigetragen haben, ist bisher nicht überliefert. So wiederholt sich die Geschichte:-)

Ein nettes, informatives Schild am Strassenrande. An manch anderen Stellen in Solingen könnte ein ebenso gestaltetes Schild dem Wanderer einen kurzweiligen Einblick in die Geschichte vermitteln.

Bevor ich es vergesse: Die morbide Variante des Spruches basiert angeblich darauf, dass es in Wuppertal ein Gefängnis gab, dessen Todestrakt – nur über eine Brücke erreichbar – auf der anderen Seite der Wupper lag. Wurde ein Verurteilter zur Hinrichtung geführt, musste er zuerst "über die Wupper gehen". Quelle: Diverse Internetseiten. Die Erklärung ist nicht von der Hand zu weisen. Nur dürfen wir eines nicht vergessen. Die Stadt Wuppertal ist noch nicht so alt. Erst 1929 entstand sie per Dekret der preußischen Regierung durch die Zusammenlegung der beiden großen Städte Elberfeld und Barmen mit den umliegenden Städten Vohwinkel, Ronsdorf, Cronenberg und der Ortschaft Beyenburg. So stellt sich die Frage, ob es tatsächlich in den beteiligten Städten ein Gefängnis gab, welches in unmittelbarer Umgebung der Wupper lag. Kann jemand helfen? Vor ein paar Jahren (1998??) wurde das Elberfelder Gefängnis abgerissen. An dessen Stelle steht heute das Hauptquartier von Wal-Mart Deutschland, gelegen an der Friedrich-Engels-Allee. Man könnte jetzt auf interessante Ideen kommen. Interspar ist auch über die Wupper gegangen. Friedrich Engels, Marx und Sam Walton … Ist aber ein anderes Kapitel.

Nachtrag 13.05.2007: Aus Wal-Mart wird am 24.5.2007 real,—
Bevor ich es wieder vergesse.
Margret Jeuck vom Wuppertaler Stadtmarketing gefällt die oben auf dem Schild zu lesende Deutung von „über die Wupper gehen“ nicht: „zu brutal“. Deshalb erzählt sie bei Ausflugsfahrten mit dem Kaiserwagen den Gästen eine andere, auch prominente Version. Ihr zufolge gingen Geschäftsleute früher „über die Wupper“, wenn sie beim Amtsgericht auf der vom Fluss umspülten Gerichtsinsel die Insolvenz beantragen mussten.

Ein anderer Standort, eine neue Sichtweise (Do. 11.05.2006): Köln

Hä es üvver de Wupper,

ist eine Redensart, die man in Köln alle Tage hören kann. Sie bedeutet, daß jemand eine Gefahr glücklich überstanden hat oder ihr entronnen ist. Wie sehr dieser Ausdruck in Köln gang und gäbe ist, beweist folgender Vorfall.

Einst sah ich dort mehrere junge Leute am Rheine stehen. Einer ihrer Kameraden hatte es übernommen, den Strom zu durchschwimmen. Alle schauten dem Schwimmer, der an einer bestimmten Stelle des jenseitigen Ufers landen wollte, nach, und als dieser die reißende Strömung in der Mitte des Flusses glücklich überstanden hatte, rief einer der am Ufer Stehenden: »Jitz es hä üvver de Wupper.« -

Solche volkstümlichen Redensarten haben fast immer einen geschichtlichen Hintergrund, der später gewöhnlich aus dem Gedächtnis der Nachwelt verschwindet. Für die hier inbetracht kommende Redensart ist es jedoch nicht schwer, den Grund ihrer Entstehung zu finden.

Viele Kölner, die in früheren Jahrhunderten wegen politischer oder religiöser Ursachen sich in ihrer Vaterstadt nicht mehr sicher fühlten, suchten und fanden meist eine Zufluchtstätte im Bergischen, also für Köln jenseits der Wupper. Von einem solchen Manne sagte man dann, wenn er nicht mehr zu erreichen war: »Hä es üvver de Wupper.«

Im Laufe der Zeit verallgemeinerte sich die Bedeutung dieser Redensart und bezeichnet heute, wie schon oben angegeben, das Entkommen aus jedem Mißgeschick, jeder Gefahr, jedem Unglück. Deshalb darf sich der Mensch glücklich schätzen, der in allem von sich sagen kann: »Ich ben üvver de Wupper.«

[Bethany, Elberfeld, MBGV 4/1897 S. 111]

Die fehlenden Bilder von der Mündung, die das Hochwasser vom März vereitelten, liefere ich nach. (Ist geschehen.)

Fundsachen: in Hitdorf

Schwein

Denke da an meine derzeitige Situation:-)

Hier das Original: (nicht ganz)

Ferkel

Wer wirft im Moment daneben? Keiner, nur die Flüsse treten daneben...
Und manchmal gravierend.

Fundsachen im WWW: Online-Pegel der Flüsse in Nordrhein-Westfalen. Den Pegel vom Rhein gibt es bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde.

Am 2. August 2005 beschäftigte sich die Westdeutsche Zeitung mit dem Sprichwort, am 16. August 2005 druckte das Solinger Tageblatt diesen Beitrag ebenfalls (in einer korrigierten Version):

Über die Wupper tot, geflohen oder einfach nur pleite?

Es gibt mehrere Interpretationen über mögliche Bedeutungen der bekannten Redensart. Umstritten sind sie alle. Die WZ gibt einen Überblick

Wuppertal. 71 Mal lässt sich in der Stadt über die Wupper überqueren. 17 Fußgänger und 38 Straßenbrücken führen im Flussverlauf zwischen Beyenburg und der Grenze zu Solingen von der einen Gewässerseite auf die andere, es gibt 16 uferverbindende Schwebebahnstationen zwischen Berliner Platz und Zoo. Entsprechend viele Wuppertaler überqueren den Fluss Tag für Tag. Nichts Besonderes im Tal. "Über die Wupper gehen" das wird fast überall im deutschsprachigen Raum verstanden. Die Frage ist nur: Wie? Während einige die Redensart schlicht mit "sterben" übersetzen, gehen andere nicht ganz so weit und setzen es gleich mit "Pleite gehen".

Wieder andere verstehen den sprichwörtlichen Schritt über den Fluss als Flucht vor irgendetwas oder irgendwem. Dass es viele verschiedene Deutungen der Redewendung gibt, liegt wohl vor allem an den zahlreichen unterschiedlichen Vermutungen über ihren Ursprung. Eine wahrscheinlich richtige, so der Direktor des Stadtarchivs Uwe Eckardt, sei ganz simpel: "Schon seit der Antike ist 'über einen Fluss gehen' als Sinnbild für 'sterben' bekannt und wird vielerorts benutzt", sagt Eckardt. Prominent sei neben der bergischen Version dieser Redewendung schließlich auch jene aus dem Nahen Osten. "Über den Jordan", heißt es da.

Eine weitere Bedeutung hat der Spruch laut Eckardt im 18. Jahrhundert erhalten. Damals war die Wupper der Grenzfluss zwischen dem rheinischen Herzogtum Berg und der preußischen Grafschaft Mark. Unter anderem dort ließ der preußische "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. nach seiner Krönung 1713 massenweise junge Männer für das Militär zwangsrekrutieren. Und auch seine Thronfolger Friedrich der Große und schließlich Friedrich Wilhelm II. setzten die "Soldatenwerbung" bis zum Ende des 18. Jahrhunderts aggressiv fort sie brauchte eine schlagkräftige Armee für zwei Schlesische Kriege und den Siebenjährigen Krieg.

Um dem Waffengang zu entgehen, flüchteten viele junge Männer von der märkischen Wupperseite auf die bergische, wo ihnen keine Rekrutierung drohte. Das freute vor allem die Barmer: Immer wieder kamen gesunde und kräftige Burschen zu ihnen.

Diese Deutung von "über die Wupper gehen" gefällt Margret Jeuck vom städtischen Ressort Stadtmarketing nicht. "Zu brutal", meint sie. Bei Ausflugsfahrten mit dem Kaiserwagen erzählt sie den Gästen deshalb eine andere, ebenfalls prominente Version: Ihr zufolge gingen Geschäftsleute früher "über die Wupper", wenn sie beim Amtsgericht auf der vom Fluss umspülten Gerichtsinsel die Insolvenz beantragen mussten. "Ich will nicht unbedingt behaupten, dass meine Erklärung die wirklich richtige ist", sagt die Stadtführerin. "Aber sie ist logisch."

Wesentlich abwegiger scheinen da die vielen verhältnismäßig unbekannten Theorien zur Wurzel des Sprichworts zu sein: Angeblich, heißt es etwa in einer, hätten einst Wohngebiete diesseits, ein Friedhof jenseits der Wupper existiert. In einer anderen Theorie wird sogar auf ein dunkles Kapitel der Stadtgeschichte, auf das in den 1930er Jahren an dem Fluss gelegene Konzentrationslager Kemna verwiesen.
Besonders abenteuerlich mutet eine Version des bergischen Sprichworts an, die der Geschichte um die Seufzerbrücke im italienischen Venedig gleicht.

Einst, so sagt man, habe es im Tal ein Gefängnis gegeben, dessen Todestrakt nur über eine Wupperbrücke zu erreichen gewesen sei.

02.08.05
Von Boris Glatthaar

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