Schleiferei Wipperkotten
Folgende Polizeiverordnung aus dem Jahre 1898 galt nicht nur für den Wipperkotten:
Polizei-Verodnung
betreffend die Einrichtung und den Betrieb der Schleifereien
- Anlagen mit elementarer Kraft, in den Metallwaren geschliffen, gepließtet, poliert oder mit
Scheiben geputzt werden, müssen geräumig und hoch sein und ausreichende,
zum Oeffnen geeignete Fensterflächen besitzen.
Bei der Neuanlage oder Erweiterung einer Schleiferei muß in dem
Arbeitsraume die lichte Höhe mindestens 3,5 , die zu öffnende
Fensterfläche mindestens 1/12 der Fußbodenfläche betragen und es muß für
jede beschäftigte Person ein Mindestraum von 16 cbm vorhanden sein.
[16 cbm /3,5m lichte Höhe = 4,6 qm]
- Die Fußböden müssen fest und dicht sein, die Wände sind jährlich
mindestens einmal frisch anzustreichen, zu kälken oder gründlich abzuwaschen.
Bei einer Neuanlage oder Erweiterung einer Trockenschleiferei ist die
Herstellung von Fußböden aus Lehm verboten.
- Die Fußböden und die nicht verdeckten, dem Staub ausgesetzten
Triebwerke und Geräthschaften sind wöchentlich wenigstens einmal
gründlich von Staub zu reinigen, dabei die Fußböden feucht aufzuwischen.
Die Schleifer haben ihre Arbeitsplätze jeden Abend staubfrei herzurichten.
Die zum Trockenschleifen dienenden Steine und zum Bürsten und
Trocken-Grobpließten dienenden Scheiben, sowie diejenigen Polierscheiben
und Vorrichtungen, an den mit Wiener Kalk oder ähnlichen Staub
verursachenden Poliermitteln gearbeitet wird, sind mit einer
Staubabsaugevorrichtung zu versehen, welche den vom
Regierungs-Präsidenten erlassenen Vorschriften entspricht.
Die Umhüllungskasten und die Rohre der Absaugevorrichtungen
müssen in allen Theilen sorgfälltig gedichtet sein. Scharfe Richtungs-
und Querschnittsveränderungen in der Rohrleitung sind zu vermeiden.
- (...)
Es ist dafür Sorge zu tragen, daß die Absaugevorrichtung den
vorstehenden Bestimmungen entspechend während der Arbeit stets in
Betrieb gesetzt und in ordnungsgemäßem Zustande erhalten werden.
Das Abdrehen der Steine darf vor Schluß der Tagesarbeitszeit
nur vorgenommen werden, wenn es entweder unter Zuführung von Wasser ohne
Stauberzeugung geschieht, oder wenn ein Kasten vorhanden ist, in welchen
der Stein, abgesehen von der Arbeitsstelle des Abdrehmeißels, völlig
eingeschlossen, und welcher an eine kräftig wirkende Absaugvorrichtung
derart angeschlossen sind, daß kein Staub in den Arbeitsraum gelangen kann.
Auf das tägliche Schärfen der Steine findet dieses Vorschrift eine Anwendung.
Der Schleifstaub muß außerhalb der Arbeitsräume zweckentsprechend
aufgefangen oder derart ins Freie geleitet werden, daß er nicht wieder
in einen Arbeitsraum gelangen kann. Auch muß einbe Belästigung der
Nachbarschaft durch Staub und unnöthiges Geräusch des Luftsaugens
ausgeschlossen sind.
Sämmtliche zum Schleifen der Messer, Scheeren und Sägen, zum
Naßschleifen der Schwerter, zum Trockenschleifen der Zangen und Beitel
dienenden Steine, sowie sämmtliche Schmirgelsteine müssen, sofern es
nach der Art der zu verrichtenden Arbeit möglich ist, mit stets in gutem
Anstrich erhaltenen Schutzböcken versehen sein, welche je nach dem
fortschreitenden Verschleiß der Steine verstellbar, genügend stark und
durchaus sicher verankert oder befestigt sind, so daß bei einem
Zerspringen der Steine ein Fortfliegen der Sprungstücke verhindert wird.
Für den Fall, daß die Neubeschaffung der Schutzböcke in einer bereits
bestehenden Schleiferei mit erheblichen Kosten verbunden ist, kann die
Polizeibehörde auf Antrag für die Anbringung der Schutzböcke eine Frist
bis spätestens zum 1. Januar 1901 gewähren.
- (...)
Der Genuß von Branntwein in den Arbeitsräumen und deren Vorräumen
während der regelmäßigen Arbeitszeit ist verboten. Betrunkene dürfen
sich in den genannten Räumen nicht aufhalten.
In jeder Schleiferei muß an einer für Jedermann zugänglichen,
gut sichtbaren Stelle eine Tafel ausgehängt werden, welche in deutlicher
Schrift die Bestimmungen der §§ 1-12 wiedergibt.
Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen werden,
insofern nicht die Vorschriften des §147 Ziffer 4 der Gewerbe-Ordnung
Anwendung finden, mit Geldstrafen bis zu 60 Mark oder entsprechender
Haft bestraft. (...)
Düsseldorf, den 3.6.1898
Quelle: Stadtarchiv Solingen W 1364 zitiert in: Jochen Putsch, Vom Handwerk zur Fabrik, Anker und Schwert Band
6, Solingen 1985, S. 142f.
©2003-2004 Michael Tettinger,
So. 13.07.2003 - letzte Änderung:
Sa. 29.05.2004
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