Die Sengbachtalsperre

Eines der Ausflugsziele und Sehenswürdigkeiten in Solingen.

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Der blaue Text entstammt der Publikation:

Heinz Rosenthal: Solingen - Geschichte einer Stadt

Band. I: Von den Anfängen bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts, Duisburg 1973, 369 S.
Band. II: 1700 - Mitte 19. Jh., Duisburg 1972, 493 S.
Band. III: Mitte 19. Jh. - 1945, hrsg. von Rüdiger Schneider Berrenberg, Duisburg 1975

Die Wasserversorgung, Band. III, Seite 115 ff.

Die Bilder entstammen nicht dem Werk des Solinger Chronisten. Sie sind aus heutiger Zeit.

Wegweiser - Unscharf, wie die Überbleibsel 
Der Wasserhaushalt hielt mit dem Wachstum der Bevölkerung und der Industrie nicht Schritt. Daher errichteten Solingen und Dorp 1882 das Zentralwasserwerk zwischen Müngsten und Grunenburg. Nach langem Suchen hatte man herausgefunden, dass die dortigen Wupperschotter, die unter den Schnittkegeln der Berghäupter liegen, reichlich reines Wasser lieferten. Das Wupperwasser selbst war schon seit der Mitte der sechziger Jahre als Trinkwasser nicht mehr zu verwenden, seitdem die Bayer-Werke in Barmen die Rückstände ihrer Anilinfarben- Produktion in die Wupper ableiteten. Die Beschwerden über die Wupperverschmutzung sind seitdem nicht mehr verstummt. Sie sind zeitweise sehr heftig und nehmen wieder ab, wenn es dem Wupperverband oder der Industrie gelungen ist, neue Reinigungs- und Kläranlagen zu schaffen.

Archivaufnahme Wasserwerk an der Grunenburg
Das erste Solinger Wasserwerk an der Grunenburg bei Müngsten, erbaut 1881 von Ingenieur Scheven, lieferte 1882 bereits 2000 Kubikmeter Trinkwasser in 624 Hausanschlüsse (Foto: Stadtarchiv Solingen)

Das Zentralwasserwerk Grunenburg lieferte täglich zweitausend Kubikmeter Wasser, jedoch war die Förderung abhängig von den Schwankungen des Grundwasserstandes. Daher sah man sich nach einem zusätzlichen Wasserreservoir um. 1896 legte man oberhalb des Wasserwerkes im Morsbachtal gegen den Kirschberger Kotten hin eine Drainage und erhielt klares, säure- und fast keimfreies Morsbachwasser.

Nach und nach wurde die Stadt Solingen und Höhscheid bis hin zum Höhscheider Kriegerdenkmal an das Rohrnetz angeschlossen. Das Wasser wurde von der Grunenburg 165 Meter hoch auf die Krahenhöhe gepumpt und von dem dortigen Reservoir aus verteilt.

Reste des ehemaligen Wasserwerkes
Und so sehen die Reste heute (2001) aus.

Wupperbrücke - Die rostenden Reste Das Wasserwerk wurde mit Dampfmaschinen betrieben, die viel Kohle verbrauchten. Neun Jahre mußte die Kohle auf Karren angefahren werden, bis 1891 nach der Eröffnung der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahnstrecke, die über eine Brücke in der Nähe der heutigen Straßenbrücke bis an das Wupperwerk verlief, der Kohletransport erleichtert wurde.

Schon 1896, als man die Versuche mit dem Morsbacher Wasser machte, war abzusehen, dass die Wassermenge, die man im Bereich des Wasserwerkes fördern konnte, dem steigenden Bedarf nicht genügen würde. So musste sich Solingen nach einer anderen Wasserquelle umsehen. Der Blick fiel auf das Sengbachtal oberhalb von Glüder. Man zog den Erbauer der 1891 in Betrieb genommen Remscheider Talsperre, den Aachener Professor Intze, als Ratgeber hinzu. Professor Intze empfahl der Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 10. Mai 1898 die Errichtung einer Trinkwassertalsperre im Sengbachtal und eines Elektrizitätswerkes an der Wupper bei Glüder. Die Stadtverordnetenversammlung nahm das Projekt Intzes einstimmig an. Die Bauarbeiten begannen sofort. Die Solinger Talsperre besteht aus einem Vorbecken mit einem Stauinhalt von einhunderttausend Kubikmeter und 3,4 Hektar Oberfläche sowie einem Hauptbecken mit drei Millionen Kubikmeter Stauinhalt und 20,2 Hektar Oberfläche. Die Größe der Mauer des Hauptbeckens beträgt 43 Meter.

Die Solinger Talsperre wurde zusammen mit dem Wasser- und Elektrizitätswerk Glüder am 28. Mai 1903 in Betrieb genommen. Es war bereits höchste Zeit, dass Solingen eine neue Quelle für die Wasserversorgung erhielt. Der trockene Sommer des Jahres 1900 hatte gelehrt, dass das Zentralwasserwerk an der Grunenburg nicht ausreichte. Es lieferte nur 873.285 Kubikmeter Wasser, und die Stadt Wald musste mit 47.010 Kubikmeter aushelfen, um den Gesamtbedarf dieses Jahres von 920.295 Kubikmeter zu decken. Und das war noch vergleichsweise wenig, denn während der vorhergehenden beiden Jahre 1898 und 1899 waren jeweils über eine Million Kubikmeter Wasser verbraucht worden.

Als man die Talsperre baute, rechnete man mit einem maximalen Verbrauch von jährlich zwei Millionen Kubikmeter, so dass noch eine Million Kubikmeter als Reserve im Vorbecken zur Verfügung gestanden hätte. So konnte man sich aller Voraussicht nach auf lange Sicht hin mit dieser neuen Versorgungslage begnügen und sich auch bei weiterem Anwachsen der Bevölkerung und der Industrie mit ihrem großen Wasserbedarf in Gewißheit glauben, den Anforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Als nach dem ersten Weltkrieg die Industrieproduktion wieder auf vollen Touren lief und die Stadtbevölkerung den Vorkriegsstand zurückgewonnen hatte, wurden jedoch bereits 1922 2.797.810 Kubikmeter Wasser verbraucht, das heißt nahezu der gesamte Inhalt der Talsperre.

An das Solinger Rohrnetz waren auch die an Solingen grenzenden Straßenzüge der Gemeinden Wald und Gräfrath angeschlossen. Der Hauptteil Gräfraths wurde bis 1935 von Elberfeld mit Wasser beliefert. Wald errichtete 1890/91 ein eigenes Wasserbecken in Untenitter. Im Oktober 1897 brach in Wald eine Typhusepidemie aus, die 12 Todesopfer und 157 Erkrankungen forderte. Die Bevölkerung glaubte, die Ursache hierfür in der Verseuchung des Itterwassers suchen zu müssen. Obgleich die Untersuchungsergebnisse hierzu keine Bestätigung lieferten, begann die Stadt Wald mit dem Bau eines Wasserwerkes in Elb bei Hilden, das 1899 in Betrieb genommen wurde. An der Foche wurde der Walder Wasserturm errichtet, der 1914 durch einen Erneuerungsbau seine jetzige Gestalt erhielt. Ohligs nahm im August 1897 das Wasserwerk Karnap in Betrieb.

Die Dezentralisierung der Wasserversorgung des Fünfstädtegebietes paßte gar nicht in die Wunschvorstellung der Befürworter einer Städtevereinigung. Man sprach in Solingen von einer Kräftezersplitterung. Bei der Zerstörung der Stadt 1944 stellte sich diese Kritik an den Vorvätern als fundamentaler Irrtum heraus. Die Bomben legten zwar den Zufluss von Glüder her lahm, die fünf übrigen Wasserwerke jedoch arbeiteten noch, so dass von dem Wasserausfall nur Alt-Solingen betroffen wurde.

Fundsache Und solche Schilder findet man heute in den Wäldern von Solingen. (In der unmittelbaren Umgebung der Müngstener Brücke.)

Als ich 2001 diese Seite ins Netz stellte, da kannte ich nur die oben zitierte Quelle zu diesem Thema. Wer mehr zur Solinger Talsperre und deren Geschichte wissen möchte, dem sei die Denkschrift zur Einweihung der Sengbachtalsperre aus dem Jahre 1903 empfohlen.

Nach dem Studium der Lektüre wird man wieder feststellen, dass man den Informationen aus einer einzelnen Quelle nicht blind vertrauen darf. Versteht jemand die Rechnung mit dem angenommenen Verbrauch (2 Millionen cbm) und dem Vorbecken (1 Million cbm)? Technischer Unsinn!

Nach dem Bau der Talsperre im Sengbachtal 1903 konnte man auf das bestehende Wasserwerk in Müngsten verzichten und schon sehr bald trennte man sich von diesen Bauten:

»Das Gelände des alten Wasserwerkes zu Grunenburg bei Müngsten wurde in einer Grösse von 1 Hektar 73 ar 55 qm mit aufstehenden Gebäuden an das Bergische Elektrizitätswerk zum Preis von 42 588,19 Mark verkauft. Die Pumpmaschinen wurden abgebrochen und erzielten einen Erlös von 5750 Mark. Der Betrag von zusammen 48 338,19 Mark wurde dem Erweiterungsfond überwiesen.«

[Bericht über den Betrieb der städtischen Gas-, Wasser- und Elektrizitäts-Werke zu Solingen vom 1. April 1905 bis 31. März 1906]

Vermutlich wechselte damals auch gleichzeitig die stählerne Brücke der Ronsdorf - Müngstener Schmalspurbahn den Besitzer. Der Käufer, das Bergische Elektrizitätswerk firmiert später unter den drei bekannten Buchstaben: RWE

Foto: Stahlbrücke der Schmalspurbahn Ronsdorf-Müngsten über die Wupper zu Müngsten
Rostende Brücke an und über der Wupper zu Müngsten

Internen Kommunikationsproblemen zur Folge kann sich womöglicher auch keiner mehr an die Eigentümerrechte an diesem "Denkmal" erinnern. Mensch Meier!


©2001-2006, Michael Tettinger
letzte Änderung: So. 23.04.2006
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