Balkhauser Kotten

Eines der Ausflugsziele und Sehenswürdigkeiten in Solingen, ein Schleifermuseum mit alter und neuer Wassermechanik am Ufer der Wupper.
Tettis Homepage Solingen Seitenende 21.10.2000
Schild: Balkhauser Kotten, SchleifermuseumFoto: Balkhauser Kotten 2002
Standort:-: tetti.de » Solingen » Schleifkotten » an der Wupper » Balkhauser Kotten
Öffnungszeiten Museum:
Von Dienstag bis Sonntag jeweils von 10 bis 17 Uhr geöffnet;
Montag Ruhetag.
Ansprechpartner:
Familie Schmitz - Telefon: 0212 – 3 83 54 53
Website:
www.balkhauser-kotten.de
Öffentlicher Nahverkehr:
Bus, Linie 252, Haltestelle Balkhausen – VRR
Lage:
Balkhauser Weg, 42658 Solingen-Glüder - Kotten im Stadtplan

Aktuelles

Das neue Wasserrad wird ist montiert

6. bis 10. Dezember 2010
Teil 1: Der Ausbau des alten Wasserrades samt Welle ist erledigt.

18. Januar 2011
Das neue Wasserrad dreht sich wieder.

Wood meets wood

April 2011
Wenn Holz ins Holzrad kommt, kommt Brennholz hinten raus.


Wie preist die Stadt Solingen diesen Ort an?

»Das Wort „Kotten“ bezeichnet in Solingen nicht - wie sonst üblich - eine kleine Bauernbehausung (Kate), sondern eine Schleiferwerkstätte, in der seit dem späten 14. Jahrhundert mit Hilfe der Wasserkraft gearbeitet wurde. Solche Kotten oder Schleifmühlen entstanden zunächst in den Bachtälern, im 16. Jahrhundert auch am Lauf der Wupper. Die Wassermengen und das Gefälle des Flusses reichten aus, zahlreiche Schleifsteine und Pliestscheiben anzutreiben. Ihre höchste Zahl erreichten historische Schleiferwerkstätten im 17. Jahrhundert - 109 im Jahre 1684. Sie verloren ihre Bedeutung, als Dampfmaschinen und Elektromotoren die Schleifer vom Wasser unabhängig machten. Im Fachwerkstil des 18. Jahrhunderts wieder errichtet, bewahrt der Balkhauser Kotten die alte Handwerkstradition der Solingern Schleifer. Im Schleifermuseum kann man Scherenschleifern über die Schulter schauen, während sie ihre Tätigkeiten nach alter Überlieferung verrichten. In der Kottenstube zeigt der in dem Kotten tätige Designer seine Arbeiten und informiert durch Ausstellungen über geschichtliche Themen, über Industrie, Handwerk, Design und Kunst.«

(Quelle: Stadtinformation, Stadt Solingen)

Foto: Balkhauser Kotten im Tal der Wupper, Blick vom oberhalb verlaufenden Klingenpfad

Auf der einen Seite ist dieser Kotten in aller Munde, - eben eines der Arbeiter-Denkmäler in Solingen - auf der anderen Seite gibt es kaum ein langweiligeres Museum in Solingen. Langweilig ist falsch, ich empfinde die Darstellung als nicht mehr zeitgemäß und wenig informativ. Leblos fällt mir in diesem Zusammenhang auch noch ein. Ein Zeitpunkt wird eingefroren.

"Nach mehreren Bränden wurde der Balkhauser Kotten zuletzt Anfang der 70er wiederaufgebaut. Heute befindet sich in ihm neben dem bekannten Schleifer-Handwerk-Museum das Bildhauer-Atelier von Hausherr Heinz-Peter Knoop. Wochentags kann man freiberuflich schaffenden Scherenschleifern über die Schulter schauen."

Man kann kurz anhalten, den Blick auf und in das Bauwerk werfen, der wippenden Wupper eine zeitlang zuschauen und dann möglichst bald wieder das Weite suchen. Nach jedem Besuch frage ich mich, warum dieses Schatzkästchen von den Entscheidungsträgern ignoriert wird. Stimmt nicht ganz, die Beschilderung ist perfekt; reicht das aus? Ich hege die Hoffnung, dass die Attraktivität durch den derzeitigen Umbau (Wiederherstellung des Obergrabens) gesteigert werden kann.

Wer etwas über die Schleifkotten an der Wupper wissen möchte, dem empfehle ich derzeit den Wipperkotten. Dort kann man den letzten noch voll funktionstüchtigen Schleifkotten an der Wupper besichtigen.

Noch etwas zur Ehrenrettung des Balkhauser Kottens. Es gibt in Solingen noch ein weiteres Denkmal, welches entsprechend vermarktet wird: Die Müngstener Brücke. Meine letzten Besuche kann ich nur wie folgt zusammenfassen: "Auch dort kommt man nicht an!" Seit der Umgestaltung in den Müngstener Brückenpark im Rahmen der Regionale 2006 bleibt man dort etwas länger.

Balkhauser Kotten

Das Wasserrad: Der Motor des Kottens, einst angetrieben von der Wasserkraft der Wupper. So soll es gewesen sein.

Foto: Balhauser Kotten, Wasserrad

Ich kann mich nur noch an einen kleinen Kasten innerhalb des Kottens erinnern, der, sobald mit einem 50 Pfennig Stück gefüttert, diese mächtige Holzkonstruktion wie von Geisterhand in Gang setzte und das spärliche Nass am Grunde des Gerinnes durcheinander wirbelte. Die hilfreichen Geister kamen für kurze Zeit aus der Steckdose.
Anders ging es auch nicht. Mangels Wasserkraft, das Wehr entfernt, der Obergraben zugeschüttet, mußte die Kraft diesen neumodischen Weg nehmen.
Auch anderen klugen Köpfen war diese verkehrte Welt (Wasserbewegung erzeugt Energie <-> elektrische Energie bewegt Wasser) aufgefallen und sie dachten im stillen Kämmerlein über Lösungen nach: Das Ergebnis = Wir stellen den Ursprungszustand wieder her! Nach langen Streitigkeiten nahm im Jahre 1999 diese geniale Idee endlich konkretere Formen an.

Im Solinger Tageblatt erschien am 10.7.1999 zu diesem Thema unter dem Titel "Wenn das Rad sich wieder dreht... Willi Meis war einer der Kotten-Eigentümer" ein Artikel von Simone Theyßen-Speich:

»Die Aktion der Solinger Landjugend, die vor einigen Wochen den Obergraben des Balkhauser Kotten wieder ausgehoben hat, weckte in dem Solinger Rentner Willi Meis (85) alte Erinnerungen. Erinnerungen an eine Zeit, als durch diesen Graben noch das Wasser für das große Wasserrad floß, als bis zu 56 Schlieper hier ihrer Arbeit nachgingen und als es noch den zweiten Balkhauser Kotten gab, der 1949 für den Ausbau des Balkhauser Wegs abgerissen werden mußte. (Abriss 1949? Habe da andere Informationen aus gleicher Quelle. 56 Schleifer? Oder 180! Fragen über Fragen...)

Balkhauser Kotten, 1906

Die beiden Balkhauser Kotten, 1906 (Stadtarchiv Solingen)

Aber Willi Meis verbindet viel mehr als nur nostalgische Erinnerungen mit dem Balkhauser Kotten. Er ist einer der letzten ehemaligen Besitzer des Kottens, bevor dieser 1952 der Stadt geschenkt wurde. "Das war ein langes Hin und Her bis der Schenkungsvertrag mit der Stadt stand", erinnert sich Meis an die Verhandlungen mit dem damaligen Oberstadtdirektor Fischer. Schwierig war das ganze auch, weil der Kotten mehreren Familien gehörte - eine im damaligen Eigentumsrecht ungewöhnliche Konstellation, die sich erst später mit Einführung der Eigentumswohnungen durchsetzte.

"Unserer Familie gehörte eine Hälfte, die andere Hälfte war in Viertel oder Achtel aufgeteilt, und man konnte sogar einzelne Arbeitsplätze kaufen", erzählt Meis, der von 1928 bis 1931 bei seinem Vater im Kotten arbeitete und später als Auto-Monteur und bei den Stadtwerken tätig war.

Mitsamt des Grundstücks und eines Teils des Waldes haben die Eigentümer den Kotten der Stadt vermacht, weil die Instandhaltung zu teuer wurde. Die wiederum verpflichtete sich, den Kotten als Museum zu erhalten.

Auch Kurioses weiß Meis noch zu erzählen, etwa den Kauf eines Teils des Kottens durch die RWE, um Strom zu erzeugen. Die Idee eines Berliner Professors war aber ein Flop: Das Wasserrad mit seinen 25 PS war zu schwach für die Strom-Produktion.

Bei einem Hochwasser ist der Damm vom Obergraben gebrochen. "Weil den Wupperverband die stinkenden Wehre störten (damals wurde noch ungeklärt in die Wupper eingeleitet) wurde auch das Wehr gesprengt", weiß Meis. Das wiederum soll jetzt neu aufgebaut werden, damit das gestaute Wupperwasser wieder in den frisch ausgehobenen Graben fließen und das Rad in Gang setzen kann. "Das wäre toll", freut sich Willi Meis schon gemeinsam mit dem heutigen Hausherrn, Heinz-Peter Knoop, den er oftmals besucht, auf diesen Tag.«

"Stinkende Wupperwehre"? Eine interessante Umschreibung verkehrter Ursachen. Die Wehre stinken nicht, eher die der Wupper aufgebürdete Fracht von ungeklärten Einleitungen. Um diesen Umstand zu vertuschen, wurden in früheren Jahren die bestehenden Wehre abgerissen. Damit sollte die Fließgeschwindigkeit der Wupper erhöht werden. Oder ganz kurz: Auf dem schnellsten Wege sollte der ganze Mist der Wupperanlieger in den Rhein entsorgt werden.

Es gibt da noch einen weiteren Artikel aus derselben Zeitung vom 15. August 1998, der in der Rubrik RÜCKBLICK erschienen ist.

"Schleifkotten an der Wupper - Es waren einst die Hauptproduktionsstätten der Solinger Schneidwarenindustrie. In den Kotten am Heimatfluß und an den vielen Bächen entstand der Ruf der Klingenstadt."

Balkhauser Kotten. In dieser einstigen Doppelkottenanlage wurde bis in die zwanziger Jahre noch mit Wasserkraft gearbeitet. Der Außenkotten wurde im Februar 1950 niedergelegt, weil er dem Straßenbau im Wege stand. Im einstigen Innenkotten wurde am 14. April 1962 ein Schleifermuseum eröffnet. Es fiel am 11. Dezember 1969 einer Brandstiftung zum Opfer.

Der Wiederaufbau begann 1971, und am 4. November 1972 konnte das Arbeitsdenkmal durch den Eigentümer, das Kuratorium zur Pflege der Solinger Baudenkmäler, wieder der Öffentlichkeit übergeben werden. In der Planung ist die Öffnung des alten Obergrabens. Danach kann das vorhandene Wasserrad wieder mit Wasserkraft betrieben werden. Voraussetzung ist eine ebenfalls erforderliche Wiederherstellung von Schlacht und Schütz (mundartlich Schött [geschl. ö wie in Löwe] = Absperr-, Regulierungs-Vorrichtung).

Bei den Wasserrädern unterschied man sogenannte oberschlächtige und unterschlächtige Wasserräder (Schlacht, mundartlich Schlaihte = Wehr, Teichmauer; abgeschrägte Mauer, die das Wasser in den Obergraben und an das Wasserrad leitet.) Bei letzteren wurde das Rad durch das von unten her zulaufende Wasser angetrieben, was einen größeren Wasserdruck erforderte. Sie waren daher nur an der Wupper anzutreffen.

Der Balkhauser Kotten liegt nur ein paar Minuten Fußweg von meinem derzeitigen Wohnort entfernt, daher kann ich häufiger diese Stelle aufsuchen. Und im Zeitalter der digitalen Kamera sind virtuelle Ab-Speicherungen rasch angefertigt und im Netz verfügbar.
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Da mir keine Zeitmaschine zur Verfügung steht, würde ich mich über Meldungen von noch lebenden Zeitzeugen freuen.


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