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September/Oktober 2004

Lemkenhafen: Museumsmühle - Flügelneubau ~ Jachen Flünk

In einer fernen Tageszeitung schrieb ein engagierter Lokalredakteur (Dithmarscher Landeszeitung):

Ein Handwerk, das Flügel verleiht

Eggstedter Zimmereibetrieb sorgt dafür, dass sich Fehmarner Mühle wieder dreht
Von Jörg Lotze

Eggstedt Solche Aufträge sind schon etwas ganz Besonderes, da geht auch einem altgedienten Zimmerer das Herz auf, sagt Ernst Lommatzsch und lenkt den Blick auf ein fast zehn Meter langes Holzgestell in der Halle seines Holzbaubetriebes.

Handwerker vor dem Flügel
Zimmerer-Meister Ernst Lommatzsch (rechts) und Mitarbeiter Ronny Beckmann an einem neun Meter langen Teilstück eines der Flügel. Wir fertigen sie aus Lärchenholz, dann halten sie mindestens 30 Jahre, sagt Lommatzsch. Foto: Lotze

Das ist nur ein Teilstück, sagt der 64-jährige Zimmerermeister: Draußen liegen noch weitere Elemente. Die komplette Spannweite wird später 23 Meter betragen. Das, was das dreiköpfige Team der Eggstedter Zimmerei seit mehreren Wochen Stück für Stück zusammenbaut und was fast den gesamten verfügbaren Platz der Werkhalle im Martensdamm benötigt, sind Flügel. Genauer: Vier neue Flügel für die letzte erhaltene Segelwindmühle Europas, die in der Gemeinde Lemkenhafen auf Fehmarn steht. Die alten sind rund 25 Jahre alt und sind morsch. Die taugen nur noch zum Feuerholz, sagt Lommatzsch. Seit 36 Jahren gehört das Reparieren, Restaurieren und Ausbauen von Mühlen zu seinem Metier: Viele Kollegen mögen das nicht. Ich denke, ich bin der einzige in Schleswig-Holstein, der diese Dienstleistung noch anbietet. Bevor er nun allerdings auch der Lemkenhafener Mühle ein Drehkreuz und frische Flügel verleiht, müssen die gewaltigen handgefertigten Holzelemente von einer Spedition an den Ort des Geschehens gebracht werden. Anfang Oktober wollen die Eggstedter alles montieren. Die Neuen sollen allerdings deutlich länger halten als ihre Vorgänger: Die Bruststücke fertigen wir aus Eiche, die Ruten und Flügel aus Lärche. Mit der richtigen Lasur leben die dann deutlich länger als 30 Jahre, schätzt Lommatzsch, der weit mehr als 65 Mühlen betreut außer im nördlichsten Bundesland auch in Niedersachsen, Hamburg und Berlin. Originalpläne für den Nachbau von Flügeln gibt es selten, auch diesmal nicht. Der Zimmerermeister fertigt deshalb eigene an, wobei ihm die alten Flügel Modell stehen. Das muss schon auf den Millimeter genau stimmen, sonst passen möglicherweise die Leinensegel nicht mehr drauf, erklärt er. Seinen ersten Mühlenauftrag hatte Lommatzsch übrigens schon 1968 übernommen damals in Travemünde. Mit Abstand die meisten Mühlen stehen heutzutage allerdings in Dithmarschen, weiß der Fachmann.

Dieser Beitrag erschien Anfang September 2004. Die neuen Flügel sollten Anfang Oktober 2004 in Lemkenhafen montiert werden.
Und?

Sie wurden tatsächlich montiert.

Luftbildaufnahme, Windmühle Lemkenhafen, Flügelmontage Oktober 2004

Die Aufnahmen verdanken wir dem Inselpiloten Klaus Skerra (Do. 07.10.2004)

Luftbildaufnahme, Windmühle Lemkenhafen, Flügelmontage Oktober 2004

Hoffentlich halten die neuen Flügel das Versprochene. Wie mögen unsere Vorfahren ohne Autokran diese Tätigkeiten zuvor ausgeübt haben?

Titelblatt der Zeitung Fehmarnsches Tageblatt vom 6. Oktober 2004

Am Mittwoch, 6. Oktober 2004, berichtete die Inselzeitung Fehmansches Tageblatt ebenfalls über den Austausch der Flügel:
Jachen Flünk bleibt voll funktionsfähig

Zur Geschichte der Mühle schreibt der Autor Heiko Witt folgendes:

»Die Lemkenhafener Segelwindmühle ist noch heute voll funktionsfähig, das macht sie zu einem einzigartigen Kulturdenkmal. Erbaut wurde sie 1787 von dem Kornhändler und Schiffsreeder Joachim Rahlff. Es waren damals glänzende Zeiten in der Landwirtschaft auf Fehmarn. Gerste und Weizen wurde zu Grütze und Graupen vermahlen und in die nordischen Länder ausgeführt. In Bergen in Norwegen sagte man am Hafenkai: "Femersk Gröt smaker söd og er dejlig Förde" - übersetzt: Fehmarnsche Grütze schmeckt süß und ist ein prächtiges Nahrungsmittel.

Ein fehmarnscher Seefahrer soll von zwei Schiffsladungen Fehmarn-Grütze soviel verdient haben, dass er sich an den Fjorden Norwegens sesshaft machte. Seine Nachfahren leben noch heute dort.

Die Mühle blieb 100 Jahre lang eine Goldgrube. Als Joachim Rahlff im Jahre 1830 starb und die Mühle an seinen Sohn Jürgen vererbte, hatten fünf bis sechs Müllergesellen und mehrere Hilfsleute im Winter genug zu tun, die großen Gerstenhaufen zu vermahlen, die von den Bauern angeliefert wurden. [Wie liefert man Gerstenhaufen an?] 1909 ging die Mühle in den Besitz des Windmüllers Serk über. Aber die Zeiten wurden immer schlechter für die Windmühle. Es wurden auf den Bauerhöfen immer mehr Schrotmühlen angeschafft. Das Kornquantum reichte für Lemkenhafen nicht mehr aus. 1954 musste die Mühle ihren Betrieb einstellen und zum Abbruch verkauft werden.

Vor allem dem Heimatfoscher Peter Wiepert und anderen "Fehmarn-Fans" ist es zu verdanken, dass die Mühle erhalten wurde. Sie wurde unter Denkmalschutz gestellt, 1958 vom Land käuflich erworben, von Grund auf renoviert und ihr ursprünglicher Zustand wieder hergestellt. Die Landesregierung übereignete die Mühle dem Heimatverein, der im Mai 1961 das Mühlenmuseum eröffnete.

Völlig zerstört wurde das Flügelkreuz durch einen Herbststurm im Oktober 1986. Doch bis zum 200-jährigen Jubiläum 1987 war es wieder ersetzt. Das Flügelkreuz hielt also diesmal 17 Jahre.«

Wie üblich fehlt eine Quellenangabe. Mögliche Quelle: Wiepert, Peter: Lemkenhafen - Heute Fischerdorf, früher eine mittelalterliche Stadt, Bisdorf/Fehmarn (1960) zitiert nach: www.fehmarn-genealogy.com


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©2004 Michael Tettinger, Fr. 08.10.2004 - Mi. 20.10.2004