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Mont-Saint-Michel

Das "Wunder des Abendlandes" ist eines der großartigsten Bauwerke der Welt: "Mit seiner Domtiara und seinem Festungspanzer ist der Mont-Saint-Michael im Meer, was Cheops in der Wüste ist." (Victor Hugo)

Mont-Saint-Michel

Seit über tausend Jahren strömen die Menschen zum Heiligen Berg. Früher machten Gläubige dem Erzengel Michael, Bezwinger des Satans, Prinz der himmlischen Heerscharen, ihre Aufwartung, heute kommen Touristen, die das Wunderwerk bestaunen. Mehrere Millionen Gäste besuchen das berühmte Kloster im Meer alljährlich.

Der Mont-Saint-Michel, der sich pyramidenförmig 157(156) m hoch über einer unendlichen, von Prielen durchzogenen Schlick- und Meerlandschaft erhebt, ist eine der herausragenden architektonischen Meisterleistung des Mittelalters. Auf einem Granitblock - etwa 900(800)[900] m Umfang und 75(78)[80] m hoch - gestalteten romanische und gotische Baumeister einen Kloster- und Burgkomplex, dessen Silhouette zum unvergeßlichen optischen Erlebnis wird. Oft von dramatischen Wolkenformationen umschleiert, überragt die "Pyramide der Meere" die amphibische Landschaft der Bucht.

Der ursprünglich bretonische Mont-Saint-Michel gehört heute zur Normandie. Im Lauf der Zeiten änderte der Couesnon, der Grenzfluß zwischen den beiden Regionen, mehrmals seinen Lauf - der Mont liegt jetzt haarscharf "drüber". Ein in der Bretagne häufig zitiertes Sprichwort gibt dem launischen Fluß denn auch die Schuld am Verlust des für aufrechte Bretonen nach wie vor bretonischen Klosterberges: "Le Couesnon dans sa folie mit le Mont en Normandie." (Der Couesnon hat in seiner Verrücktheit den Mont in die Normandie verlegt).

Gewaltige Anstrengungen dürften nötig sein, um den von der UNESCO 1979 in die Liste der "Weltkulturdenkmäler" aufgenommenen Mont-Saint-Michel in seiner Einzigartigkeit zu retten. Trotz des extremen Gezeitenunterschiedes von bis zu 14[13] Metern erreicht die Flut heute kaum mehr den unglaublichen Berg. Auch daran ist der Couesnon schuld: Schlick, Sand und Geröll, vom Fluß in die Bucht transportiert, bedrohen die einmalige Lage des Klosterberges. Ein für die Zukunft geplantes, gewaltiges Rückhaltebecken soll dafür sorgen, daß die Touristenattraktion nicht ganz mit dem Festland verwächst (siehe Berliner Morgenpost). Mußten die Pilger in früheren Zeiten noch die Ebbe abwarten, um zum heiligen Berg zu gelangen, erreicht man ihn heute trockenen Fußes. Der 1880 (1879) fertiggestellte 2 km lange Damm bringt die Busladungen von Touristen ungefährdet bis zum großen Eingangstor.

Parking Ticket Die Autostraße endet in großen gebührenpflichtigen Parkplätzen, die nicht flutgeschützt sind. Die jeweiligen Flutzeiten sind am Eingang angeschlagen.

Es gibt aber noch eine weitere Art (nicht nur) nasse Füsse zubekommen, der Bretonische Regen. Er geht genauso schnell wie er kommt, aber die Zeit, die man benötigt, sein schützendes Auto zu erreichen, reicht aus, um bis auf die Haut durchnäßt zu sein. Der Geruch eines nassen Hundes war mir bis zu diesem Zeitpunkt auch unbekannt. Reisen bildet!

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Poste Anschliessend schieben sich die Menschenmassen durch die Grande Rue (einzige Strasse der 80 Seelengemeinde), gespickt mit Souvenirshops, Fressbuden und Hotels bis hinauf zur Abtei. Am schönsten erlebt man die einzigartige Atmosphäre des Monts abends, wenn die letzten Reisebusse abgefahren sind, und der Rummel etwas abgeebbt ist.

Frühaufsteher können natürlich die Morgenstunden nutzen.

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Eine Warnung sei hier ausgesprochen: Besucher, die in der Abenddämmerung zum Mont fahren und eine 9 stündige Anfahrt (aus Old Germany) hinter sich haben, sollten zuvor eine Tankstelle aufsuchen und die Reste der Mücken und was sich sonst noch auf der Windschutzscheibe als blinder Passagier versammelt hat, entfernen; ansonsten ist für den Fahrer ein Blindflug angesagt - die Sonne blendet ungemein.

Geschichte

Wir schreiben das Jahr 708. Bereits zweimal ist dem Bischof Aubert von Avranches der Erzengel Michael im Traume erschienen, um eine Kirche für sich anzumahnen. Der Gottesmann will anfangs nicht hören, doch einige schmerzhafte Kopfnüsse des streitbaren Engels überzeugen den Zweifler schließlich. (Wie mag er die Leute am Monte Gargano in Italien vor fast 2 Jahrhunderten überzeugt haben? Dort wurde der heilige Namensvetter schon seit geraumer Zeit glühend verehrt.) Auf dem hoch aus dem Wald von Scissy ragenden Mont Tombe (Tombe verdankt seinen Namen entweder dem alten keltischen Worte "tun", die Anhöhe, oder aber dem lateinischen "tumba", was soviel wie Tumulus oder Grab bedeutet) läßt er eine kleine Kirche zu Ehren des Erzengels errichten, doch kaum haben die Bauarbeiten begonnen, überrollt eine Springflut das Land. In einer riesigen Woge stürmt die See heran, taucht den Wald in die Fluten des Ozeans und überschwemmt das tiefgelegene Land. Fortan ist der Berg mit dem Kirchlein vom Wasser umgeben. Ob eine einzelne Springflut diese Wirkung gehabt haben kann, mag dahin gestellt sein. Wahrscheinlicher ist, daß die Bäume erst nach und nach vom Wasser überflutet wurden.

Trotz der Insellage wallfahrten die Menschen zahlreich zum Mont-Saint-Michel. Im 10.Jh. werden die Fundamente eines gigantischen Bauprojektes gelegt: Im Lauf zweier Jahrhunderte wächst auf der Felspyramide im Meer ein zunächst romanischer, ab 1212 gotischer, himmelstürmender Klosterkomplex heran, für die damalige Zeit ein architektonisches Wunder. Immer mehr Pilger strömen auf den heiligen Berg und tragen zum Reichtum der Abtei bei. Das Kloster boomt, die Augenzeugenberichte über vollzogene Wunder auf dem Mont vergrößern noch sein Ansehen. Alle kommen, Adelige und reiche Bürger, Bauern und Arme, die Wallfahrt zum Mont-Saint-Michel wird für die französischen Christenheit fast obligat. Selbst im Hundertjährigen Krieg (1346-1450) versiegt der Pilgerstrom nicht. Die englische Truppen, die auf dem 3 km entfernten Mont Tombelaine eine Garnison unterhalten und - abgesehen vom befestigen Klosterberg - die ganze Bucht von Mont-Saint-Michel kontrollieren, verdienen durch die Austeilung von Passierscheinen tüchtig mit.

Der Niedergang beginnt Ende des 15.Jh. Mit der Einführung des Nießrechts können auch weltliche Herren als Äbte eingesetzt werden, und das Kloster verkommt langsam zu einer gut auszuplündernden Pfründe. Die mönchischen Sitten verrohren, die von den Pilgern überwiesenen Almosen fließen statt in die Kassen der Abtei in die Privatsäckel der Äbte. Die Mönche, sich selbst überlassen, führen ein mondänes Leben. Sie tragen Seide und Spitze, gehen zur Jagd, halten sich Konkubinen und pressen die Bauern im Umland aus. Während der Religionskriege brennt ein Abt mit der Kasse des Klosters durch, symptomatische Zeichen für den Niedergang.

Die von den Humanisten des 16. Jh. und den Wissenschaften des 17. Jh. kritisierten Heiligenverehrungen des Mittelalters sorgt für das Ausbleiben der Pilger und das Ende der Abtei - aus einer gutbesuchten Pilgerstätte wir ein ebenso gutbesuchtes königliches Gefängnis. Ab der Mitte des 17. Jh. besitzt der Mont-Saint-Michel nur noch strafrechtliche Bedeutung, die tiefen, schlecht belüfteten Holzkerker und schweren Eisenkäfige werden zu traurigen Aufenthaltsorten für unbotmäßige Akademiker, kritische Literaten und aufmüpfige Revolutionäre. 1789 führt die Französische Revolution zum vollständigen Erliegen jeglichen religösen Lebens. Der Mont-Saint-Michel bleibt unter wechselnden Herrschaftsverhältnissen bis 1863 ein gefürchtetes Zuchthaus.

Das Jahr 1865 bringt einen Neubeginn. Die Diözese von Coutance führt wieder eine Wallfahrt auf den so lange gemiedenen Berg durch. 1874 wird er Klosterberg als Monument Historique unter Denkmalschutz gestellt. Die heruntergekommenen Gebäude werden sorgfältig renoviert, ein Damm wird durch das Watt gebaut. Eine neue Ära für den Mont-Saint-Michel beginnt: das Zeitalter des Tourismus.

Fortsetzung folgt!

Links
Die Normandie, eine Region in grün und blau.

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Mi. 25.11.1998 ©Michael Tettinger 1998-2002, letzte Änderung: Di. 25.06.2002